Lago & Glaciar O’Higgins

8 03 2014

Sa. 01.03.2014

Um 7.45 Uhr stehen wir gegenüber der Robinson Lodge und sind uns nicht sicher, ob wir deren Gelände betreten dürfen. Als der Bus (ebenfalls von Robinson) vorfährt und der Fahrer Anzeichen macht unser Gepäck einladen zu wollen, trauen wir uns dann endlich. Beäugt von den wartenden Luxustouristen laden wir unsere Rucksäcke aufs Dach. Wir steigen zuerst in den Bus, dann folgen die Robinson-Gäste. Der “Gletscher Engländer“ fährt mit und nachdem bei uns bereits alle seine Geschichten kennen, trifft es einen der Luxus-Touris, den er gleich anfängt voll zu quatschen mit seiner „I got to the Glaciar“ Story, wie wir es mittlerweile nennen.

Der Bus bringt uns nach Bahia Bahamondez, dem offiziellen und absoluten Ende der Carretera Austral. Nach 1.247 km, wie es hier auf einen Schild nochmal nach zu lesen ist, endet die Traumstraße im Süden Chiles nun hier an dieser ruhigen Bucht. Es gibt Pläne die Carretera weiter Richtung Süden auszubauen, bis nach Puerto Natales. Allerdings ist das Terrain schwierig und mit Fjorden und Seen durchzogen. Dazu müßten neun Fährverbindungen geschaffen und vor allem regelmäßig betrieben werden um die verschiedenen Gewässer zu überbrücken. Die Bauzeit wurde mit 25 – 30 Jahren veranschlagt.

Wir machen noch ein Erinnerungsfoto, dann geht’s aufs Boot. Am Anleger liegen zwei Fähren: Die Robinson- Luxusyacht und eine, die wir im Vergleich als “afrikanisches Flüchtlingsboot“ beschreiben würden. Wir geben unser Gepäck runter in den Laderaum unter Deck, dann müssen wir unsere Sitzplätze einnehmen. Nach dem Ablegen gehen wir aufs Oberdeck und genießen die Aussicht auf den Lago O‘Higgins. Am Ufer sehen wir eine Pumpstation. Als wir wieder in den Passagierraum gehen erhalte ich einen Verweis, weil ich mich noch nicht gesetzt, während ich meine Jacke ausgezogen und dabei Leute beim Fernsehen gestört habe. Es gibt Kaffee und Kekse vom Bordservice (gratis). Wir gehen immer wieder aufs Deck und genießen super Ausblicke während sich die Sonne immer höher schiebt. In der Ferne haben wir einen ersten Blick auf den Fitz Roy, der mit seiner markanten Spitze weithin sichtbar ist.  Wind und Wellengang werden immer stärker und die Wellen sind mittlerweile schon ungewöhnlich hoch für einen See, zumindest nach unseren Maßstäben.

Der Robinson Service verteilt Getränke und Cookies, allerdings nur an deren Gäste. Vielleicht hat man noch nicht gemerkt, dass wir die Robinson-Kunden von morgen sein könnten. Christoph nimmt sich trotzdem einfach einen Cookie vom Tablett und erntet verwunderte Blicke für dieses dreiste Verhalten. Nach drei Stunden stoppen wir in Candelario Mancilla, unserem Ziel für diesen Tag. Es steigen überraschend viele Leute aus. Am Ufer steht ein Traktor der Polizei, welcher Waren abholt und in der Baggerschaufel zur Grenzstation transportiert. Wir bleiben erst mal an Bord, denn wir wollen noch in die Bucht, in welcher der O’Higgins Gletscher in den See kalbt.

Die Fahrt weiter zum Gletscher dauert nochmal 2 Std., obwohl die Entfernung nicht so weit ist und der Gletscher schon bald von weitem sichtbar ist. Der Kapitän fährt aber langsamer, wir vermuten wegen den Eisbrocken, die im Wasser treiben. Seitlich des Gletschers sehen wir, bzw. sehen nicht einen weiteren Gletscher, der sich zurückzogent hat und nun die Fläche freiliegt auf welcher er früher den Berg heruntergekommen ist. Nach langem Warten auf dem zunehmend zugigen Oberdeck nähern wir uns langsam dem Gletscher. Hier sind einige Eisbrocken im Wasser. Der Kapitän hält ca. 60 m vom Gletscher entfernt, der über uns in die Höhe ragt. Dann kreuzen wir ca. 1 Std. vor dem Gletscher, können ihn aus den verschiedensten Positionen beobachten, beurteilen und fotografieren. Plötzlich knirscht es und es kracht fast im selben Augenblick ein Stück des Gletschers in den See. Ein Schlauchboot geht zu Wasser und fährt zu einem der im Wasser treibenden Eisschollen und hakt mit einem Beil ein Stück Gletschereis heraus. Als wir wieder drinnen sind bekommen wir Whisky on the (Glaciar-) Rocks, diesmal wieder gratis und für alle! Ich versuche mit der Zunge den Geschmack des Gletscher-Eis zu testen, was wohl erst lustig aussieht, dann aber einige Nachahmer findet. Der Alkohol verfehlt seine Wirkung nicht und so schlafen alle fünf auf dem Rückweg ein.

Als wir in Candellario Mancilla ankommen gehen wir vom Anleger den Berg hoch und suchen das Hostel, welches es hier geben soll. Wir sind nun zu sechst, da sich uns ein weiterer (älterer) deutscher angeschlossen hat, der mit auf dem Boot war. Allerdings wissen wir erst mal nicht mit wem wir es zu tun haben, da er einfach mitläuft und weder fragt, ob wir zusammen gehen wollen, noch sich vorstellt. Unterhalb des Campingplatzes finden wir versteckt ein einziges Haus am Hang. Davor liegt auf dem Weg der Rest eines Schafskopfs… Wir befürchten es ist niemand da, finden aber auch nicht so richtig den Eingang. Dann kommt eine Frau aus dem Haus. Als sie uns anspricht sieht man, dass ihr vorne alle Zähne fehlen. Sie führt uns um das Haus herum und zeigt uns die einfachen Zimmer in einem Anbau. Für heute Nacht sind sie auf jeden Fall o.k. Sanitäre Einrichtungen gibt es nur im Haus der Familie, quasi das Familienbad, welches wir nutzen dürfen. Draußen grasen Schafe und Ziegen und alles macht hier den Eindruck, dass die Bewohner viel in Eigenproduktion herzustellen scheinen.

Wir bestellen uns Frühstück für morgen und das Abendessen für unseren neuen Begleiter, der froh zu sein scheint, dass wir dies in die Hand nehmen. Ich frage die Frau wie es mit den Pferden aussieht, welche wir zur Überquerung der Grenze mieten wollten. Sie sagt, dass dies wahrscheinlich aktuell nicht möglich ist, da die Pferde wohl unterwegs sind. Neben dem Erlebnis per Pferd die Grenze nach Argentinien zu überqueren fehlt uns jetzt auch der Transport für unser Gepäck. Und Alternativen gibt es für uns nicht, so dass die einzige Möglichkeit ist die 22 km zu Fuss mit vollem Gepäck hinter uns zu bringen. Flo und Frank wollten dies sowieso machen, wir hatten aufgrund diverser gesundheitlicher Einschränkungen auf die Reitmöglichkeit gehofft.

Wir wollen hoch zur chilenischen Passstelle und versuchen bereits heute den Ausreisestempel für morgen zu bekommen, da wir früh los und keine Zeit verschwenden wollen. Unterwegs treffen wir Ricardo, der für die Pferdetransporte zuständig ist. Er sagt das sein Jeep kaputt sei mit dem er das Gepäck die ersten Kilometer den Berg hochbringt und die Pferde für morgen ausgebucht sind. Also definitiv laufen.

Der Grenzer ist sehr freundlich und fragt bei seinem Vorgesetzten nach, ob er unserer Bitte nachkommen kann. Dieser ist etwas genervt, da er wohl gerade bei einem Film gestört wurde und meint: „Manana es Manana.“ Also heute noch kein Stempel. Es sei morgen ab sieben geöffnet, es ist also kein Problem sich erst dann den Ausreisestempel zu holen. Was sollen sie auch sonst morgen tun, wenn keine Fähre ankommt. Die Lage ihres Arbeitsplatzes in wundervoller Natur scheint sie nicht zu beeindrucken.

Wir gehen zurück und kochen Nudeln auf dem Gaskocher von Flo. Wir haben zwar zwei Kocher dabei, haben uns aber bisher keine Gaskartusche zugelegt. Aber so kommen wenigstens unsere Töpfe zum Einsatz. Während das Wasser kocht, bekommt das Lamm seine Flasche. Zum Spülen gehen wir später in die (überhitzte) Wohnküche in deren hinteren Teil weitere Reisende sitzen und zu Abend essen. Wir unterhalten und kurz mit Andrea, der Tochter des Hauses, die Lehrerin ist und  auf einer einsamen Insel (noch einsamer als hier) für ein Touristenprojekt gearbeitet hat. Dann packen wir die Rucksäcke um, so dass alles darin verstaut ist und wir kein Handgepäck mehr haben. Christoph wird zu unserem Kamel umfunktioniert und übernimmt den Laptop und die Reiseführer, was gut 2 kg Gewicht hat. Kurz vor dem Schlafen krabbelt im Dunkeln eine Spinne über den Laptop.  Möglicherweise die gefährliche braune Einsiedlerspinne, deren Biss sogar den Tod zur Folge haben kann und vor der wir uns schon die ganze Zeit “fürchten“. Erkennen kann man die braune Einsiedlerspinne (Name würde zu diesem Ort passen^^)daran, dass sie nur sechs statt acht Augen hat. Wenn man dies mit bloßem Auge erkennt ist man aber definitiv zu Nahe dran…

Ich bugsiere den ungebetenen Gast nach draußen und wir gehen früh schlafen um morgen fit zu sein für den Marsch nach Argentinien

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