Villa O’Higgins

7 03 2014

Mi.  26.02 – Fr. 28.02.2014

Nach der schlechten Nachricht letzte Nacht, indem ich erfahren habe, dass die Donnerstag-Fähre nicht fährt ist unser erstes Ziel der Touranbieter “Hielo Sur“, welcher die Fähre betreibt, mit der wir über den Lago O’Higgins übersetzen. Villa bedeutet auf Spanisch Dorf und auf Villa O’Higgins trifft dieser Begriff 100%ig zu. Erst seit 1997 ist das Dorf über die Carretera erreichbar, zuvor war eine Anreise nur per Flugzeug möglich. Was Villa O’Higgins so interessant macht, ist ganz klar das Ende der Carretera Austral, wobei diese noch ein paar Kilometer weiter bis nach Bahia Bahamondez, einer Fährstelle, führt. Aber dieses “Ende der Welt Flair“ scheint sich gut vermarkten zu lassen, denn neben zahlreichen Backpackern und Fahrradtouristen hat auch der Luxustourismus hier Einzug gehalten. Direkt gegenüber unserem Hostel residieren die Luxusreisenden in der Robinson Lodge.

Nachdem wir den Touranbieter auf dem im Hostel aushängenden Stadtplan nicht gefunden haben, gehen wir in einen kleinen Supermercado, wo man uns auf die Robinson Lodge verweist, wo sich das Büro befindet. Also gerade wieder zurück. An der Lodge angekommen, gehe ich nichtsahnend rein, und löse scheinbar den Epedemie-Alarm aus. Drei Leute an der Rezeption, sowie zwei weitere im Eingangsbereich widmen sich gleichzeitig dem ungebetenen Gast. Dies sei die Lodge, sagt man mir freundlich aber deutlich. Das Büro befindet sich draußen in einem Zelt. Dort gehen wir dann hin und fragen nach. Die Donnerstags-Fähre ist derzeit unsicher, seit letzter Woche verkehrt diese nicht mehr regelmäßig, weil die Saison langsam zu Ende geht. Wir sollen um aber um 18.00 Uhr nochmal nachfragen, scheinbar fällt dann die endgültige Entscheidung. Ansonsten wäre Samstag die nächste Möglichkeit.

Diese Variante wäre ziemlich blöd, weil man hier eigentlich sonst nicht viel machen kann. Zudem hatten wir uns extra beeilt und viele interessante Punkte auf der Route ausgelassen, um pünktlich hier zu sein. Wir ärgern uns ein bisschen, weil heute Morgen eine Fähre gefahren wäre. Aber nach den Strapazen des gestrigen Tages wollten wir nicht erneut ohne Vorbereitung und Verpflegung aufbrechen, was bei der Abfahrt um 7.30 Uhr wahrscheinlich gewesen wäre. Alternativen gibt es keine, denn Villa O’Higgins ist (fast) eine Sackgasse. Nach Süden kommt man nur mit der Personenfähre weiter. Für Autos ist hier Endstation und wenn man mit seinem Fahrzeug trotzdem in den Süden will, muß man etwa 200 Km nördlich bei Cochrane Richtung Chile Chico abbiegen und durch Argentinien fahren. Unsere Route galt mal als Geheimtipp: Wir setzen mit der Personenfähre über nach Candellario Mancilla, wo sich eine chilenische Grenzstelle befindet. Von dort aus sind es 22 km zum Lago Desertio, wo sich der argentinische Grenzposten befindet. Den Trek kann man zu Fuss oder mit Pferden bewältigen, was uns anspricht. Denn wer ist schon mal über eine Grenze geritten?! In Argentinien muß man dann ebenfalls wieder eine Fähre besteigen und kann im Anschluß mit dem Bus weiter, der uns nach El Chalten bringt, dem Trekking-Zentrum Argentiniens am Fuße des Fitz Roy.

Wir warten also und vertreiben uns den Tag in dem wir auf dem Hostelgelände rumhängen, lesen, schreiben, skypen und uns ausruhen. Die Robinson Touristen von gegenüber fotografieren Christoph in der Hängematte, später beim Essen merken wir das es deutsche sind. Der ganze Ort, der über gepflasterte Straßen und eine neu angelegte Plaza verfügt ist wie ausgestorben. Auch im Hostel ist nicht viel los, die meisten sind wohl mit der Fähre weg. Um 18.00 Uhr fragen wir dann nochmal bei Hielo Sur nach und wie erwartet fährt die nächste Fähre erst am Samstag. Also buchen wir die Tickets, dürfen sie aber noch nicht bezahlen, sondern sollen Morgen Abend oder Freitag wiederkommen,

Abends trinken wir Bier auf der Veranda mit Javier, einem chilenischen Fahrradfahrer. Er ist vor 30 Tagen in Puerto Varas zu fünft gestartet. Nach und nach sind alle seine Begleiter ausgestiegen, teilweise aus privaten, teilweise technischen Problemen. Er ist fast 1400 km geradelt, die Carretera komplett von Nord nach Süd (1200 km) und Ausflüge neben der Strecke. Er hat die Tour 3 Jahre geplant, aufgrund seines Studiums als Minen-Ingenieur immer wieder verschoben. Jetzt hat er Prüfungen ausgelassen und ist gefahren. Das Geld für die Reise hat er als Tutor an der Uni verdient und alles in sein Sparschwein gesteckt, dass er nun geschlachtet hat. Auf der ganzen Tour hatte er nur einen Platten und einen Defekt am Laufrad. Dieses mußte er sich von Santiago nach Coyhaique schicken lassen um seine Tour fortzusetzen. Nun hat er aber genug vom Radfahren und versucht zurück bis Coyhaique zu trampen, um von dort mit dem Bus nach Santiago zu fahren. Javier war noch nie im Ausland, weshalb er auch den Weg über Argentinien vermeidet. Dann gibt er uns noch eine Kostprobe von seinen “Schatz“, einer Marmeladen-Art, die ihn auf der Reise gerettet hat. Abschließend gibt er uns noch Chilenische Insider-Tipps in Sachen Alkohol und Essen, was wir unbedingt probieren sollen.

Für den nächsten Tag hatten wir überlegt eine Wanderung in der Umgebung zu machen. Als wir aufstehen regnet es aber in Strömen und wir beschließen den Trip zu verschieben. Christoph holt Brötchen als der Regen kurz nachlässt, und wir frühstücken gegen 12.00 Uhr. Heute ist die Stadt quasi überfüllt, weil der Linienbus angekommen ist und dazu massenhaft Soldaten angerückt sind, die hier eine mobile Kaserne eingerichtet haben. Vielleicht wollen die Argentinier einmarschieren…hier im Süden ist man über die Grenzen nach wie vor uneinig, aber der Einsatz dient wohl eher Übungszwecken. Im Hostel treffen wir Juan-Carlos, einer der drei Chilenen, der hier den Endpunkt seiner Reise erreicht hat, die anderen beiden sind wieder Richtung Norden unterwegs. Wir chillen heute, lesen, und verschlafen den Nachmittag. Das Hostel El Bosco, benannt nach einem Gletscher, ist ein größeres Blockhaus, dass ein wenig an eine Hacienda erinnert. Draußen gibt es eine Veranda und innen läd der große Gemeinschaftsraum zum verweilen ein. Insgesamt also kein schlechter Ort um mal ein paar Tage auszuspannen.

Das größte Problem der Hostelbewohner ist heute, dass das Internet nicht richtig funktioniert. Gesellschaftlich ist das interessant, da die Leute bewusst hier in die Einsamkeit ans Ende der Welt reisen um sich dann über das Netz wieder in die Zivilisation einzuklinken. Wir unterhalten uns mit zwei deutschen älteren Herren, die als Fahrradreisende unterwegs sind. Generell finde ich die Anzahl an Fahrradtouristen auf dieser Reise sehr hoch, verglichen zu den wenigen, denen ich auf meiner Südamerika-Reise begegnet bin. Die beide widerlegen auch die These vom nicht existierenden Weltreisenden Rentner. Dies war einer meiner Argumentationsgründe für meine Südamerika-Reise, dass man sich immer sagt, dass kann ich machen wenn ich in Rente bin. Wenn alle die das sagen auch machen würden, müßte die Welt von weltreisenden Rentnern übervölkert sein. Dem ist natürlich nicht so, also ein Grund zu reisen, wenn man es körperlich auch noch kann. Diese beiden zeigen nun, dass man auch im Rentenalter auch noch Fit sein kann um so eine Tour zu bewältigen und dies dann auch macht.

Später lernen wir noch zwei deutsche, Frank und Flo kennen. Zum Abendessen gehen wir in einen Schnellimbiss zum Pizza essen, gegenüber der mobilen Kaserne. Hierher begleitet uns der Hostel-Hund, wartet vor der Tür und geht dann mit uns wieder zurück. Wir bezahlen noch die Tickets für Samstag, so dass wir dann endlich wegkommen, das war dann unser zweiter Ruhetag dieser Reise.

Am nächsten Morgen ist es noch leicht bewölkt, wir beschließen trotzdem unsere Wanderung zu machen. Aus der Stadt raus, geht es entlang eines ausgetrockneten Flußbetts, über eine Brücke und dann am Fluß entlang den Hügel hinauf in den Wald hinein. Es ist eine schöne Wanderung mit einem weitem Blick über das Tal, auf den Gletscher El Mosco, den Lago und Villa O’Higgins, dass von hier oben wirklich wie das Ende der Welt wirkt. Wir wundern uns warum das Dorf nicht direkt am Wasser liegt, begründen die mit der Überschwemmungsgefahr. Auf unserer Route liegen drei Aussichtspunkten, die wir auch jeweils ansteuern. Dann verliert sich der Weg in der Natur oder wir haben ihn einfach nicht gefunden. Nach einer Brotzeit begeben wir uns auf den Rückweg. Unten am Flussufer suchen zwei Angler Würmer unter Steinen, die Beschäftigung junger Erwachsener in Villa O‘Higgins.

Frank wartet auf uns im Hostel, da wir mit ihm ausgemacht hatten heute zusammen essen zu gehen. Dann kommt Flo zurück, der versucht hatte heute zum Gletscher zu wandern, aber auch Probleme hatte den Weg zu finden. Abends essen wir zusammen im Restaurant vom 1. Abend und lernen uns etwas kennen. Frank aus Bremen ist Lehrer und nimmt sich derzeit 6 Monate Auszeit, die er vorgearbeitet hat. 4 Monate davon reist er nun und sein Ziel ist Lima. Seit 2 Wochen ist er mit Flo unterwegs und beide haben zusammen die komplette Carretera bereist. Flo wohnt derzeit in Ulm und hat gerade sein Medizinstudium abgeschlossen. Bevor er seine Stelle als Assistenzarzt antritt reist er 2 Monate durch Bolivien, Chile und Argentinien. Vorwiegend im Zelt. Wir beschreiben ihn so: Er liebt die Natur und findet Wege wo es keine gibt. Als alle mit dem Essen fertig sind und noch ein Stück Brot im Korb ist, fragt Flo ob es keiner mehr essen will? „Ich habe keinen Hunger, aber als Schwabe kann ich das doch nicht liegen lassen! Wir haben wir das doch alles bezahlt.“

Abends trinken wir noch Wein im Hostel, Christoph nennt dies „kultiviertes Trinken“. Wir erfahren das der Ausfall der Donnerstag-Fähre ein Gerücht gewesen sei. Frank und Flo hätten im Robinson-Büro erfahren, dass sie doch gefahren ist. Warum wir dann nicht mit durften kann keiner erklären. In unserem Hostel ist noch ein alter bekannter eingetroffen: Der “Gletscher-Engländer“, den Christoph im Bus nach Coyhaique kennengelernt hat ist nun auch Gast hier und hat bereits eine Schar von Zuhörern für seine „I got to the Glaciar“ Stories. Wir sind uns noch uneinig ob wir ihm glauben sollen oder nicht. Als Tagesabschluß legt er dann noch das Internet lahm, als er seine Fotos sichern will. Auf jeden Fall ist er ein Chaot…

Wir packen und machen uns bereit für morgen, auf Richtung Argentinien über den Lago O‘Higgins

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