Carretera hasta el final

6 03 2014

Di.  25.02.2014

Am Parkplatz oberhalb von Caleta Tortel spreche ich nach unserer Stadtbesichtigung verschiedene Autofahrer an, ob sie uns mit an die Kreuzung oder im besten Fall nach Villa O’Higgins mitnehmen können. Es ist ca. 14.30 Uhr. Ein Schweizer Pärchen mit einem großen Mietwagen ist angeblich voll, allerdings ist der Kofferraum und die Rückbank nur halbvoll, so dass wir locker Platz gefunden hätten. Wir sind darauf angewiesen eine private Mitfahrgelegenheit zu finden, da nur ein Bus donnerstags nach Villa O`Higgins fährt und dieser zu spät ankommen würde und wir dann bis mindestens Samstag festsitzen würden. Dann kommt ein Jeep mit 2 Frauen, ich denke sie halten an, aber ihr Reifen ist platt. Wir wollen beim Reifenwechsel helfen um uns quasi die Weiterfahrt zu erkaufen, aber da kommt gerade ein Carabineri vorbei und nimmt uns diese Chance. Als sich bis 16.00 Uhr immer noch nichts ergeben hat, fragen wir den Busfahrer von heute Morgen, ob er uns auf dem Rückweg  mit zur Kreuzung nehmen kann. Er läd unsere Rucksäcke vorne ein und wir fahren los. Nach ca. 45 min. sind wir am “Crucero“. Wir steigen aus und gehen zum Wartehäuschen am Hang, welches in Richtung Puerto Yungay steht. Jetzt heißt es alles oder nichts!

Wir haben noch ca. 30 Min. Zeit um eine Mitfahrgelegenheit zu erwischen, da es bis Puerto Yungay noch 45 – 60 Minuten Fahrzeit sind (laut Busfahrer) und um 18.00 Uhr die letzte Fähre über den Rio Bravo ablegt, die uns zum Anschluß an die Carretera nach Villa O`Higgins bringt. Nicht einfach, wenn man überlegt wie selten uns Autos begegnen und wir lange wir gestern in Cochrane gewartet haben. Wir sitzen im Häuschen und es passiert erst mal gar nichts. Wenn es nicht klappt, könnten wir entweder versuchen nach Caleta Tortel zurück zu trampen (auch nicht einfach), dort zu übernachten und morgen wieder weg zu kommen, oder hier in der Hütte zu biwakieren. Letzteres würde wahrscheinlich mehr Sinn machen, allerdings stelle ich fest, dass wir heute nur gefrühstückt haben und unser Proviant aus ein paar Keksen und einem halben Liter (ungenießbaren) Wasser besteht.

Dann nach ca. 20 Min. kämpft sich ein kleiner PKW, dem ein Stück seiner Stoßstange fehlt, den Berg hinauf. Bereits jetzt hat er Probleme hier hoch zu kommen, also bieten sie uns ihre freie Rückbank auch nicht an. Dann folgt ein Pick-Up, der aber bereits eine Tramperin hinten drauf hat. Kurz darauf ein Viehtransporter, dieser winkt jedoch auch ab, obwohl er Platz und auch schon einen Mitfahrer auf der Ladefläche zu haben scheint. Wir haben 17.15 Uhr unsere Zeit läuft ab…  Christoph sagt, dass unsere letzte Chance darin besteht, dass jetzt gleich ein Einheimischer kommt, der spät dran ist, aber  den Fährmann kennt und diesen anruft, dass er warten soll. Ein Fahrradfahrer kommt langsam den Berg hoch, steigt dann ab um zu schieben. Er kommt zu uns an die Hütte. Gerade als wir uns unterhalten wollen, fährt ein Kipplaster um die Ecke, unsere letzte Chance, wir haben noch 40 Min. Wir springen auf die Straße und er hält tatsächlich an. Hinten sitzt bereits ein Tramperpärchen auf der Ladefläche. Wir geben die Rucksäcke hoch und klettern hinterher. Kai ruft dem Fahrradfahrer zu, dass unser Glücksbringer ist und der Lasterfahrer gibt Gas.

Von hier oben hat man eine super Sicht über das Tal. Wir werden hin und her geschmissen und müssen uns an der Bordwand festhalten. Ich sitze auf meinem Rucksack, die Ladefläche ist leer, nur ein Fass steht drauf. Das Pärchen, Sebastian und Macarena, die schon ziemlich eingestaubt sind, sagen uns das der LKW bis 30 km vor Villa O`Higgins fährt. Wir überlegen was dort sein könnte, da sich auf den ca. 130 km zwischen der Kreuzung und Villa O`Higgins außer der Fährstation in Puerto Yungay nichts befindet. Wir fahren hoch auf den Pass, dann am Berghang entlang, neben uns geht es steil runter. Der Fahrer scheint zu wissen, dass kein Gegenverkehr kommen kann, weil Straße an Fähre endet und es ist eine entsprechend rasante Fahrt und auch er scheint sich vorgenommen zu haben, die Fähre um jeden Preis zu erwischen. Er könnte sicher den Fahrern auf den “gefährlichsten Straßen der Welt“, die bei uns im TV laufen Konkurrenz machen. Auf dieser Reise der erste typische südamerikanische Fahrer mit dem hier oft verbreiteten leicht lebensmüden Fahrstil. Hinter uns zieht sich eine riesige Staubwolke. Was wir für fast unmöglich gehalten hätten, macht er wahr: Unser Fahrer hakt die Strecke mit dem schweren LKW so runter, dass wir 10 Minuten vor Abfahrt um 17.50 Uhr an der Fähre sind, was ein Ritt!

Allerdings sind noch einige andere Autos vor uns, und wir überlegen ob wir noch drauf passen. Sebastian versteckt das Fass unter einem Müllsack und packt die Rucksäcke drauf. Er erklärt mir, dass es verboten ist Benzin mit auf die Fähre zu nehmen. Nun sind wir also nicht nur Tramper, sondern auch Schmuggler 😉 Wir müssen absteigen und zu Fuß auf die Fähre und  begeben uns nach oben in die Passagierkabine, bzw. auf den Balkon. Die anderen Autos, die uns nicht mitgenommen haben sind auch alle da. Das Pärchen verhandelt während wir übersetzen mit einem Pick-Up Fahrer, der nach O`Higgins durchzufahren scheint. Als unser Fahrer sagt wir sollen aufsteigen, holen sie die Rucksäcke, bedanken sich und steigen sie in den Pick-Up um. Ich frage auch noch einen Pick-Up Fahrer, aber er will uns nicht mitnehmen, obwohl die Ladefläche frei ist. Also erst mal so weiter, irgendwas wir sich schon ergeben. Außerdem gibt es keinen Weg zurück, da zwischen Fähranleger (ohne Wohngebäude) und O`Higgins sich wie gesagt keine Ortschaft befindet.

Wir sind nun also alleine auf Ladefläche. Der Fahrer vergisst  das Benzin festzumachen und so “kuschelt“ Kai mit dem Benzinfass, damit es nicht umfällt. Wir lassen alle anderen Autos vorbei und  sind nun die letzten, die sich auf die Carretera begeben. Schlecht für die Weiterfahrt, da eigentlich hinter uns niemand mehr kommen kann, aber da müssen wir nun durch. Es ist ein ähnlich wilder, einerseits lustiger, aber auch anstrengender Ritt. Unser Fahrer scheint wieder zu wissen, dass ihm keiner entgegen kommt und so heizen wir durch Sumpfgebiete, Wald, dann wiederhoch auf den Berg und an Steilhängen entlang. Dann bedrängt er einen Pick-Up, der vor uns auftaucht bis dieser uns  überholen lässt. Dann ist der beschädigte PKW sein nächstes “Opfer“ bei dem er auf max. 5 m Abstand heranfährt. Bremsweg anhand des Untergrunds gemessen wäre dieser wohl platt. Wir machen einen Stopp vor einer einsamen Hütte, der Fahrer lädt einen Corona-Karton aus und bringt ihn zu einem alten Gaucho, der hier scheinbar einsam in der Holzhütte zu leben scheint. Beide Autos überholen uns nun wieder.

Weiter geht der Ritt, langsam wird’s echt anstrengend, Hände verkrampfen sich und der Wind und vor allem der Staub, der in jede Ritze kriecht machen die Fahrt zu echten Herausforderung. Die Strecke zieht sich nun und der Fahrer drängelt sich wieder an beiden Autos vorbei. Gegen acht stoppen wir vor einem einsamen Grundstück, einer ehemaligen Estancia schätze ich, mit diversen Baumaschinen, die dort geparkt sind. Wir steigen ab, bedanken uns vielmals und der Fahrer sagt uns wir können hier per Anhalter weiter. Ich frage ob noch Autos kommen, er sagt die von der Fähre, also beide die wir überholt haben. Wenn kein Auto mehr kommt können wir in einer kleinen gemauerten Hütte schlafen, die an der Straße steht. Wir verabschieden und bedanken uns nochmal. Sofort fallen Heerscharen von Moskitos über uns her. Wir besichtigen die Hütte. Diese ist o.k., aber die Moskitos machen jede Minute unerträglich. Wir ziehen Jacken, Mützen, Sonnenbrillen an, ziehen den Kragen hoch und stecken die Hände in die Taschen um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Erst kommt der kleine PKW, dann der roter Pick-Up, die wir beide überholt haben. Aber beide fahren durch. Leichte Verzweiflung macht sich breit. Wir haben heute wie gesagt nur gefrühstückt, hatten kein Mittagessen, sondern nur ein paar Kekse gegessen. Jetzt hat jeder noch ein paar Schlücke Wasser, ich paar Kekse und Kai wenige Müsliriegel. Aber das größte Problem sind die Moskitos, einfach unerträglich. Schwärme fliegen um unsere Köpfe. Ich beschließe zum Haus zu gehen und nachzufragen, ob er in der Stadt anrufen und uns einen Transport organisieren kann. Die Hunde fangen an zu bellen, ein älterer Mann kommt aus dem Haus. Ich versuche ihm unser Problem zu erklären, die Verständigung ist recht schwierig aber ich verstehe, dass nach 16.00 Uhr kein Kontakt ins Dorf besteht, da der Funk abgeschaltet wird. Ich bedanke mich und kehre zu den beiden mit den schlechten Nachrichten zurück.

Wir gehen nochmal die Möglichkeiten durch: Laufen scheidet aus, da 30 km in der Dunkelheit bei nicht bekannten, wahrscheinlich bergigen Terrain mit vollem Gepäck unmöglich ist. Autos kommen keine mehr, da wir die letzten waren die von der Fähre kamen, also Trampen geht heute auch nicht mehr. Da uns auch niemand abholen kann, da keine Kontaktmöglichkeit besteht, bleibt uns nur die schlechteste Variante hier zu übernachten und auf die nächsten Autos morgen zu warten, die wahrscheinlich gegen 12.00 Uhr hier eintreffen werden…

Gerade als wir uns in die Hütte begeben wollen schreit Kai: „Auto, AUTO!“ Wir springen auf die Straße, halten nicht den Daumen raus, sondern winken wie die verrückten, ziehen die Kapuzen runter, um nicht wie Straßenräuber zu wirken. Der Pick-Up bremst leicht ab, es scheint aber als würde er weiterfahren wollen. Wir falten die Hände und flehen ihn an stehen zu bleiben! Er fährt an uns vorbei. Dann bremst er ab, ich renne hinterher, zur Fahrertür. Der meint locker, dann steigt halt hinten auf. Eigentlich ist alles voll, es ist der Pick-Up den wir bereits an der Kreuzung vor Caleta Tortel mit der Tramperin hinten drauf gesehen haben. Wir schieben alles zusammen und obwohl kein Platz mehr zu sein scheint, passen noch 3 Personen mit Rucksäcken und Handgepäck auf die kurze Ladefläche. Ich hab den Überrollbügel direkt im Nacken, Christoph klemmt sich die Beine ab und Kai ist unter einem Berg von Rucksäcken begraben. Aber in diesem Moment ist uns alles egal, ich wäre auch im Stehen auf dem Trittbrett mitgefahren. Was für ein Glück! Wir haben keine Ahnung wo das Auto plötzlich her kam und wann wir es überholt haben, aber Hauptsache wir kommen weiter. Die Erleichterung steht uns ins Gesicht geschrieben.

Die Tramperin, die auch zu dritt unterwegs sind, sagt sie wären an der Fähre rechts rangefahren, daher haben wir sie wohl übersehen. Die Fahrt ist ähnlich rasant. Wir versuchen uns mit der Tramperin zu unterhalten, aber es ist schwierig. Sie sind den ganzen Weg ihrer Reise auf der Carretera getrampt erzählt sie, was für 3 Frauen aber auch leichter ist als für 3 Männer. Wir fahren weiter durch Sumpflandschaften, vorbei an einem See. Wir stoppen an einem Häuschen, das wohl für ein Opfer eines Verkehrsunfalls errichtet wurde. Hier sind es immer noch 15 km. Gegen neun passieren wir endlich das Eingangstor nach Villa O`Higgins. Geschafft, Endstation und gleichzeitig am vorläufigen Ziel unserer Reise: Nach ca. 1.200 km auf der Traumstraße Südamerikas am Ende der Carretera Austral!

Der Fahrer lässt uns an der Plaza raus. Wir bedanken und verabschieden uns, dann ist er auch schon weg. Wir gehen an der Hauptstraße zurück zum Hostel El Mosco. Dort haben sie noch Zimmer frei, recht billig sogar für 9.000 Peso im Dorm (6er Schlafsaal), das wir allerdings alleine beziehen. Christoph kommentiert es kurz und sagt er würde in diesem Moment alles zahlen. Wir packen die Sachen kurz ins Zimmer, dann gehen wir gleich weiter um irgendwo etwas zu essen. Im Restaurant sind wir die letzten Gäste und direkt nachdem wir reinkommen wird die Eingangstür zugeschlossen. Es gibt nur noch 2 Gerichte, aber ich habe dermaßen Hunger, ich würde alles essen. Danach gehen wir relativ schnell ins Hostel und ins Bett, geschafft von diesem ereignisreichen Tag.  Im Bad treffe ich noch den Hostel-Mitarbeiter und dieser meint die Donnerstags-Fähre sei wegen dem Saisonende gestrichen. Das wäre natürlich nach all dem Stress ein herber Rückschlag, aber leider nicht zu ändern. Wir hoffen darauf, dass sie erst ab März gestrichen wird und die Infos, die wir über die Website der Fährgesellschaft erhalten haben richtig sind. Erwähnenswert ist noch, dass Christoph heute länger wach ist als ich. Zum ersten Mal auf der Reise mache ich nicht das Licht aus 🙂

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