Coyhaique – Pferdetour

28 02 2014

Fr.  21.02.2014

Um 9.45 Uhr holt uns der Veranstalter ab, bei dem wir für den heutigen morgen einen Ausritt organisiert haben. Im Land der “Gauchos“ gehört es eigentlich zum Pflichtprogramm mit dem Pferd unterwegs gewesen zu sein. Mit dem Pick-Up fahren wir den Hang hoch zu einer “Estancia“, wo die  Pferde gerade gesattelt werden. Es geht gleich los, wir bekommen Chups (die laut Christoph Chakas heißen) und Helme. Ich hätte zwar lieber einen Gaucho-Hut getragen, aber selbst hier scheint es Vorschriften zu geben. Kai geht erst mal auf Tuchfühlung um zu testen, ob seine Pferdehaarallergie anschlägt. Aber seine Nase bleibt zum Glück ruhig.

Zwei (deutsche) Mädels kommen aus dem Haus und gesellen sich dazu. Beide sind für ein Jahr zur Freiwilligen-Arbeit in Santiago und reisen nun 5 Wochen durchs Land. Wir bekommen eine kurze Erklärung wie die Tiere “gelenkt“ werden, dann heißt es aufsteigen und los geht’s. Erst reiten wir einen Weg am Hang entlang. Christoph und Kais Pferd bocken ab und an. Meine “Anita“ will laufen und drückt aufs Tempo, so dass unser (weiblicher) Guide uns vorne schickt. Also reite ich mit dem jungen Holländer vorne weg,  der im Rahmen des WOF-Programm auf der Estancia lebt und arbeitet. Allerdings brechen gerade die letzten beiden Wochen seines Aufenthalts an und er kann seine Enttäuschung über die Rückkehr ins “normale Leben“ nicht verbergen.

Wir reiten den Hügel hoch, durch den Wald, über schmale Pfade in deren Richtung sich irgendwann die argentinische Grenze befindet und danach die Pampa beginnt. Die Pferde finden sich auf dem unebenen Terrain gut zurecht. Ich bin immer wieder begeistert wie sie sich diese gewaltigen Tiere auf den schmalen Wegen bewegen und Hindernissen elegant ausweichen. Weiter geht es den Berg hoch und es eröffnet sich ein tolles Panorama mit Blick auf die Berge und Coyhaique. Wir machen “Mittagspause“ und die Pferde können endlich fressen. Insbesondere Kais Gaul war vorher schon hungrig und lies keine Möglichkeit aus stehen zu bleiben und sich zum fressen zu bücken. Insgesamt kann man aber sagen, dass die Pferde gut trainiert und leicht zu reiten sind.

Dann geht es fast den gleichen Weg wieder zurück, jetzt nicht nur hintereinander, sondern etwas aufgelockert und ab und zu auch im leichten Galopp. Der Holländer biegt kurz vor der Estancia ab und treibt auf der Weide Pferde zusammen. Wir reiten zurück zur, verabschieden uns von unseren Reitpartnerinnen, die der Guide zuerst zurück in die Stadt bringt. Wir warten auf die zweite Runde des Transports und beobachten die Pferde, die sich nach dem Absatteln auf der Wiese rollen.

Zurück im Hostel vertreiben wir uns die Zeit mit skypen und Blog schreiben. Abends essen wir in einem Peruanischen Restaurant, was von außen recht nobel wirkt, die Preise sind aber o.k. Beim Einkauf im “Unimarc“, der hier zwei große Filialen direkt nebeneinander betreibt, wundern wir uns warum Mittags alle Kassen offen und sie abends in der Rush-Hour chronisch unterbesetzt sind. An unserer Kasse bezahlt dann noch erst jemand mit Scheck, dann kommt eine Frau mit einer Tüte Münzrollen…so dauert es ewig bis Christoph 12er Pack Bier bezahlen kann, den wir an diesem Abend noch genießen. Im Hostel haben wir einen netten Austausch mit anderen Travellern und mit einem Langzeitreisepärchen, die nach 2 Jahren im April wieder nach Deutschland zurückkehren, und nun über den Wiedereinstieg nachdenken. Auch wenn es bei mir vor 3 Jahren nach meiner Südamerika-Reise nur ein halbes Jahr war, kann ich nachfühlen wie es ihnen geht und möchte nicht in deren Haut stecken. Die schwersten Momente bei einer solchen Reise ist meiner Meinung nach die Entscheidung sie anzutreten und die Entscheidung sie zu beenden. Der Gedanke an ein “geregeltes“ Leben mit früh aufstehen, festen Arbeitszeiten, Terminen und durchgeplanten Wochenenden lässt jedem Traveller den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Und so schön es zu Hause ist, man verspürt doch das Fernweh. Hier gibt es nur eine Lösung dafür, der ich für meinen Teil aktuell auch wieder nachgebe: Reisen, Reisen, Reisen…

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Carretera & Coyhaique

25 02 2014

Do.  20.02.2014

Um 5.40 Uhr hat Don Luis bereits das Frühstück für uns angerichtet. Neben uns verlässt noch ein junges Mädel heute mit dem 6.00 Uhr Bus Puyuhuapi in Richtung Coyhaique. Mit kleiner Verspätung ist dann um 6.30 Uhr Abfahrt. Der Busfahrer, den wir bereits von gestern kennen, da er wohl täglich auf dieser Strecke unterwegs ist, verstaut unsere Rucksäcke im Kofferraum des 25 Personen Busses und deckt sie mit einer Plane zum Schutz gegen den Staub ab. Als wir entlang des Fjords fahren wird es langsam hell und es beginnt der landschaftlich (bisher) schönste Teil der Carretera Austral. Leider sitzen wir auf der Rückbank, eingekeilt von einer Familie, deren übergewichtige Großmutter in jeder Kurve halb auf mir liegt. Der Bus ist zwar voll, trotzdem nehmen wir unterwegs noch Fahrgäste mit die am Straßenrand warten. Und wie abgesprochen betreten unsere 3 Chilenen den Bus, die direkt im Nationalpark campiert und nun an der Carretera gewartet haben, die teilweise durch den Park führt. Leider haben sie nur noch Stehplätze, was wirklich ungemütlich ist, da der Busfahrer dermaßen über die Schotterpiste heizt, dass es uns teilweise aus den Sitzen bis an die Decke haut. Beim ersten Stopp, bei dem Gäste aussteigen, ergreife ich die Möglichkeit mich aus der “erdrückenden“ Lage zu befreien und nach vorne zu setzen. Mein neuer (unfreundlicher) Sitznachbar, mustert mich kurz, erwidert weder mein “Hola“ noch zeigt er sonst eine Regung. Dafür stellt er den Sitz nach hinten und quetscht Christoph nun komplett ein… Warum ich das erwähne: Normalerweise sind Chilenen super freundlich, nett und überaus zuvor kommend und extrem kommunikativ. Daher fällt dieser Zeitgenosse extrem aus der Reihe.

Als wir ca. 100 km gefahren sind stoppen wir plötzlich, weil ein überholender Autofahrer winkt und dem Fahrer anzeigt anzuhalten. Der Fahrer steigt aus, geht nach hinten, greift sich an den Kopf, rennt neben dem Bus immer wieder hin- und her, etwas eingeschüchtert und hilflos wirkend und reibt sich die Stirn. Wir denken vielleicht ist ein Reifen geplatzt. Ich gehe raus und sehe, dass der Kofferraum offen steht. Das Mädel aus unserem Hostel sagt, dass der Kofferraumdeckel aufgegangen sei und  zwei Rucksäcke rausgefallen sind. Angeblich sei einer von unseren dabei gewesen. Ich schaue kurz unter der Plane nach, aber alle sind da. Die Aufregung geht weiter, scheinbar hat der Busfahrer nun die Polizei gerufen und dem Mädel gesagt, dass sie ihren Rucksack einsammeln würden. Dann behauptet er nochmal, dass einer von unseren fehlt. Ich verneine dies und sage, dass bei uns alles gut ist. Das Mädel, deren Rucksack weg ist erzählt, dass nichts mit ihrem Namen darin wäre und man ihn so nicht zuordnen könne. Dann fragt sie nochmal, welcher von unseren weg sei, weil der Busfahrer das steif und fest behauptet hätte. Dieser hat gerade den Kofferraum wieder geschlossen. Nun haben sie mich tatsächlich verunsichert und ich sehe ein minimales Risiko, da Christoph und ich unsere Backpacks in Transportsäcken haben und vielleicht jemand den gleichen haben könnte. Ich lasse den Kofferraum nochmal aufmachen, mache die Hüllen auf. Alles ist total verstaubt, aber ich erkenne beide Rucksäcke wieder. Kais kann ich nicht genau sehen, aber dieser lag beim Einladen schon sehr weit unten.

Wir steigen alle wieder ein und der Busfahrer meint weiterhin, dass einer von uns weg ist, keine Ahnung warum. Das Mädel steigt auch ein, überzeugt davon, die Polizei würde den Rucksack einsammeln. Persönlich halte ich das für unrealistisch, da es sich um eine lange Strecke handelt und die Polizei, auch wenn sie hier wenig zu tun hat, sicher keine Rucksäcke einsammeln geht. Da so gut wie kein Verkehr herrscht kann er überall rausgefallen sein. Ich an ihrer Stelle hätte entweder den Busfahrer gebeten nochmal die letzten 10 – 20 km zurück zu fahren, wofür die meisten Fahrgäste sicher Verständnis gehabt hätten, oder wäre auf eigene Faust zurück getrampt. Hier am Ende der Welt ohne Ausrüstung wäre gleichbedeutend mit einem Reiseabbruch, da neben den mangelnden Fachgeschäften eine Neuanschaffung nicht nur Geld, sondern vor allem Zeit in Anspruch nehmen würde. Als wir wenig später wieder stoppen, steige ich sicherheitshalber aus und tatsächlich hat der Fahrer nach dem Ausladen meinen Rucksack nun lose obendrauf liegen und will den Kofferraum gerade schließen. Ich deute an, dass mir das so nicht gefällt und verkeile ihn selbst zwischen den anderen Gepäckstücken. Entweder er steht unter Schock, oder hat aus dem ganzen gar nichts gelernt.

Neben Christoph hat ein mitteilungsbedürfiger Engländer Platz genommen, der laut seiner Erzählungen permanent am Reisen ist, auf uns aber wirkt als wäre er im Pub groß geworden. Kurz später machen wir Mittagspause und nachdem wir 10 min. vor dem Frauen-WC anstehen, während die Herrentoilette frei ist, wird draußen weiter gerätselt wessen Rucksack nun weg ist, während ein Straßenhund unsere Aufmerksamkeit sucht. Das Mädel holen wir bei der Polizeistation am Ortausgang ab. Anschließend folgt draußen wieder ein landschaftlich toller Abschnitt, von dem ich wegen meinem unkooperativen Sitznachbar leider keine Fotos machen kann. Irgendwann entdecken wir drei Windräder und dann liegt im Tal vor uns Coyhaique. Bei der Ankunft am Busterminal bemerkt mein Sitznachbar, dass es sein Rucksack ist, den wir verloren haben. Unglaublich, dass er die ganze Aufruhr nicht mitbekommen hat und sich nicht gerührt hat, als der Busfahrer nachgefragt hat. Es wird wild diskutiert als wir das Terminal verlassen. Leider werden wir nie erfahren, ob die Rucksäcke wieder aufgefunden wurden, sind insgeheim aber erleichtert, dass es nicht unsere waren.

Per Mail habe ich ein Hostel reserviert, das von einem deutschen Auswandererpärchen betrieben wird. Sandra, die nette Gastgeberin begrüßt uns mit ihrem Sohn Mateo. Wir bekommen ein Doppelzimmer mit Zustellbett, denn momentan ist alles ausgebucht. Das Hostel ist typisch für europäische Betreiber eingerichtet, man achtet halt auf alles was der Reisende unterwegs vermissen könnte. Hier erwarten uns aber zwei Dinge, die ich auf meinen gesamten Südamerika-Reisen nicht gesehen habe: Selbstgebackenes Schwarzbrot, ein geschmackliches Highlight im Gegensatz zu den hier angebotenen weichen und leicht süßlichen “Pan“, und statt einem (meist versifften) Vorhang eine Duschkabine! Entsprechend  viele, insbesondere deutschsprachige Weltenbummler halten sich hier auf. Entspannen kann man im Aufenthaltsraum in einer aufgeschnittenen Badewanne, die als Sofa dient. Eine witzige Idee.

Unser erstes Ziel in der verhältnismäßig großen und belebten Stadt ist der Geldautomat, wo wir unsere Reisekasse auffüllen. Auf der fünfeckigen Plaza den Armas treffen wir den “Mapuche“, der dort einen Souvenirstand betreibt. Vom Revolutionsführer zum Armbandverkäufer, auch eine Geschichte wert. Anschließend geht es zum Mittagessen, wo wir uns eine Grillplatte gönnen, die samt Grill an den Tisch gebracht wird. Danach machen wir uns an die Planung der weiteren Route. Dies gestaltet sich etwas schwierig, da die Verkehrsanbindungen im Süden schwierig und die Infos rar sind. Hostelbetreiberin Sandra steht uns mit Rat und Tat zur Seite und ist eine Willkomme Hilfe.

Wir gehen nochmal zum Terminal um einen Bus nach Rio Tranquillo, unserem nächsten Ziel zu buchen. Da der nächste erst am Sonntag geht, haben wir zwei Tage Zeit, die wir mit einer Besteigung des Monte Divisadero, dem Hausberg, sowie einem Pferdetrack verplanen, den Sandra für uns organisiert. Anschließend buchen wir noch unseren Flug von Punta Arenas, unserem südlichsten Ziel nach Santiago am 09. März, also noch 17 Tage Zeit, aber der Weg in den Süden ist lang und vor allem schwierig…. Abends sitzen wir zusammen im Aufenthaltsraum des Hostels und tauschen Infos mit anderen Travellern, von denen die meisten glücklicherweise in den Norden reisen und uns so viele Fragen zu Transport und Unterkunft im Süden beantworten können und wir umgekehrt genauso

Den Abend runden wir mit einem Snack an einem Completo Stand und einem Sixer Bier ab, was Christoph endlich zufrieden stellt 😉

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Puerto Puyuhuapi & Parque Queulat

25 02 2014

Mi.  19.02.2014

Um 4.00 Uhr heißt es aufstehen. Bereits um 4.45 Uhr sind wir an der Bushaltestelle, es ist kalt. Kurz nach 5.00 Uhr trifft der Bus ein, die Rucksäcke nehmen diesmal gleich mit nach vorne, da wir als erstes wieder aussteigen. Im Bus ist es leider auch nicht wärmer und wir frösteln etwas vor uns hin. Bereits um 6.00 Uhr erreichen wir Puyuhuapi, natürlich viel zu früh. Um nicht draußen warten zu müssen, begebe ich mich auf Hostelsuche. Im Hostel Don Luis, brennt bereits Licht und der Tisch ist gedeckt. Check-Out ist erst um 10.00 Uhr, wir können aber im Wohnzimmer warten. So lassen wir uns im Warmen auf den bequemen Sesseln nieder und studieren das dort liegende Info-Material, ehe uns die Müdigkeit überholt und wir nacheinander einschlafen. Die Gäste erscheinen nach und nach zum Frühstück, damit wir es bequemer haben rückt Don Luis den Tisch weg. Christoph berichtet uns später, dass erst Don Luis und dann ein weiblicher Gast, die anderen auffordern leise zu sein, damit wir schlafen können. So wird der Raum nur durch unser erkältungsbedingtes Schnarchen beschallt. Als ich geweckt werde bin ich gedanklich gerade an einem Fjord in Norwegen und etwas verwirrt. Wir gehen pünktlich um 10.00 Uhr zurück Richtung Zentrum, holen uns frische Brötchen und machen  Fotos am Wasser. Puyuhuapi liegt malerisch gelegen am Ende des Seno Ventisquerom einem Fjords, der Teil des größeren Canal Puyuhuapi ist. Daher wahrscheinlich mein Traum… In Puyuhuapi ließen sich deutsche Einwanderer nieder und gründeten eine Teppichfabrik. Daher tragen heute viele Straßen, Restaurant oder Hotels deutsche Namen wie Otto Uebel, Hopperdietzel, Café Rossbach oder Casa Ludwig.

Uns erwartet nun ein mittelschweres Problem, da unsere Bargeldreserven langsam zur Neige gehen und auch hier im Ort kein Geldautomat zur Verfügung steht. Beim Hostel hatte ich heute Morgen gleich angefragt, ob man mit Karte zahlen kann. Beim Tourveranstalter geht dies leider nicht. Wir kratzen die letzten Peso zusammen und buchen einen Transfer in den nahegelegenen Parque Queulat und den Bus nach Coyhaique für den nächsten Tag. Jetzt darf nicht mehr viel passieren, sonst sind wir blank.

Den Minibus zum Nationalpark teilen wir uns mit einem spanischen Pärchen, deren Mann Christoph im Verhältnis zu seiner Partnerin als besonders attraktiv beurteilt…und einer jungen Chilenin, die wir die “Anheizerin“ nennen, da sie neben dem Fahrer sitzt und mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als der Fahrer auf der Straße haben sollte. Am Parkeingang zahlen wir den Eintritt, der etwas teurer geworden ist als es im Reiseführer steht. Es wird immer enger mit dem Geld… Dann bringt uns unser Fahrer noch ein Stück weiter rein zu Beginn der Wanderwege und wir vereinbaren uns dort in 4 Std. wieder zu treffen.

Highlight des Parque Nacional Queulat ist der Ventisquero Colgante, ein Hängegletscher, der sich in Wasserfällen in die Laguna de los Tempanos ergießt.  Die Tour zum Aussichtspunkt ist mit 2,5 Std. angesetzt. Über eine Hängebrücke, die über den Rio Ventisquero führt steigen wir den Berg hoch durch einen Regenwald mit Riesenfarnen und -bäumen, sowie hier typischen Nalca-Pflanzen, auch als Mammutblatt oder Riesen-Rharbarber bekannt, zum Aussichtpunkt. Nach ca. 1 Std. sind wir oben und staunen nicht schlecht über dieses Naturschauspiel: In knapp 2000 m Höhe hängt der Gletscher über dem See zwischen den Berggipfeln und aus seinem unteren Teil schießen Wassermassen hervor und ergießen sich in Kaskaden Richtung Tal. Wirklich spektakulär und die Anreise allemal wert. Als zweite Überraschung erwarten uns hier unsere chilenischen Freunde wieder, denen wir in den letzten Tagen immer wieder über den Weg gelaufen sind und machen ein gemeinsames Foto. Gerade als wir auf dem Rückweg sind hören wir ein Krachen hinter uns, wahrscheinlich ein Teil des Gletschers der abgebrochen ist. Da es ziemlich rutschig ist brauchen wir auch wieder eine Stunde bis wir unten sind. Wir gehen den Fluß entlang und gelangen zu einem weiteren Aussichtspunkt an der Laguna de los Tempanos, die ruhig unter dem Gletscher liegt. Anschließend gehen wir noch zwei kurze Wege zu kleineren, eher unspektakulären Aussichtspunkten.

Die Rückfahrt startet pünktlich um vier. Unser Fahrer macht uns auf einen Vogel aufmerksam, der neben der Rücksitzbank Platz genommen hat. Als wir losfahren hüpft er auf Kais Kopf und wartet dort, ehe der Fahrer ihn dort rauslässt, wo er vermutlich den Weg ins Auto gefunden hat. Anschließend fährt er noch ein illegales Autorennen auf der Carretera, bei welchem beide Fahrer auf der linken Spur mit ca. 80 km/h, mit nur 2 m Abstand hintereinander fahren.

Da wir wie erwähnt fast kein Bargeld mehr haben, bezahlen wir das Hostel bei einem Restaurant, wo Kartenzahlung möglich ist und die Betreiberin zahlt es dem Hostelier aus. Wir nutzen die Gelegenheit um zu Abend zu essen, während wieder ein Stromausfall für kurzen Kerzenschein sorgt.

Mit insgesamt noch knapp 5.000 Peso (6,- €) in der Tasche gehen wir zurück ins Hostel und bereiten uns auf die morgige Weitereise vor in die Hauptstadt der Region, wo es endlich wieder Geldautomaten gibt, auf nach Coyhaique

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Carretera Austral

25 02 2014

Di.  18.02.2014

Als wir Morgens aus dem Fenster sehen regnet es draußen in Strömen. Da wir nur eine Busverbindung nach Villa Santa Lucia, einer Siedlung rund um eine Militärstation bekommen haben, die auf unserem Weg nach Puerto Puyuhuapi liegt, müssen wir den Rest der Strecke, auf dem nur einmal wöchentlich Busse verkehren, versuchen zu trampen. Dies klingt bei dem Wetter nicht gerade verlockend und wir überlegen ob wird einen Tag später fahren. Um uns den Weg zum Terminal zu ersparen fragt die Hostelbesitzerin bei Chaitour an, allerdings sind die Direktverbindungen für morgen alle voll. Also geht es um 13.00 Uhr doch nach Villa Santa Lucia, mit der Absicht weiter zu trampen.

Das Zimmer räumen wir bereits früher und sitzen anschließend bis zur Abfahrt im Wohnzimmer der Hostelbesitzer. Der ca. 10 – 12 jährige Sohn spielt mit seiner Playstation 3 auf dem recht großen Flachbild-Fernseher  Gewaltspiele, die bei uns sicher FSK 18 wären. Die laut aufgedrehte Volklore-Musik gleicht einem Gejaule und Gejammere und ich verstehe sowas wie: Falte deine Hände, dann hast du 1000 Probleme…

Im Regen, der extrem schräg zu fallen scheint^^ laufen wir zum Terminal und nur Christoph hat sich dafür entschieden seine Regenhose anzuziehen, Kai und ich lassen sie fälschlicherweise im Rucksack. Der Bus füllt sich nach und nach und als wir losfahren sind wir komplett voll. Nun beginnt die Reise auf der Strecke die Ziel und Namensgeber unsere Reise ist: Carretera Austral ! Landschaftlich erwartet uns gleich eine sehr schöne Strecke der Carretera, aber durch den Regen und beschlagene Scheiben haben wir keine Sicht. Unterwegs steigen noch ein paar Leute ein, die sich mit Stehplätzen begnügen müssen.

In der Einfahrt nach Villa Santa Lucia sehen wir an der Straße einen trampenden Backpacker neben dem anderen stehen. Keine guten Aussichten für uns bei einer solchen Konkurrenz. Wir steigen aus, mittlerweile ist es fast trocken, es fällt nur noch leichter Nieselregen. Auf meine Nachfrage sagt der Busfahrer wir können den Besitzer eines Minibusses fragen, ob er uns nach La Junta, unserem nächsten Ziel fährt. Wir gehen zu dem Wagen, in dem zwei junge Chilenen sitzen. Sie würden uns fahren, wollen aber 70.000 Peso für Transfer, etwa 90 €. Ziemlich teuer für 45 km, aber wahrscheinlich die einzige Möglichkeit. Chancen für erfolgreiches Trampen sind gering, da zu viele Tramper an der Straße stehen und nur wenige Autos vorbeikommen. Zudem haben es drei männliche Tramper sowieso schwerer als Frauen oder Pärchen. Um das ganze bezahlbar zu machen, suchen wir Mitfahrer an der Straße, immerhin hätten in dem Wagen 8 Personen Platz, doch für die jungen Chilenen ist diese Variante zu teuer. Zwei von ihnen überlegen und diskutieren, wollen aber dann doch nicht. Zurück am Auto, hacken die beiden gerade Holz, während Christoph erzählt, dass er eine Horde Straßenhunde verjagen mußte, die über unsere Rucksäcke herfallen wollte. Wir verhandeln nochmal nach: 65.000 € ist der letzte Preis. Wir überlegen, rechnen und kommen zu dem Ergebnis, dass jeder von uns 15.000 Peso (20 €) zahlt und wir versuchen für den Restbetrag noch Mitfahrer zu finden. Wir sehen dies als Subvention der Chilenischen Studentenbewegung und Zeichen des Dankes für die Hilfe auf der Fähre 😉

Zunächst sprechen wir einen einzelnen Tramper an, der zunächst noch überlegen will. Anschließend gehen wir zu Cesar & Nico/Augusto, die bereits vorhin  überlegt hatten. Mit ihnen waren wir auch auf der Fähre. Erst sagen sie nein, dann gehen wir zu dem einzelnen Tramper, der sich als Juan-Carlo vorstellt, und als dieser auch aufspringt, sind es pro Person 7.500 Peso für jeden der drei.  Der Fahrer zieht sofort seinen Arbeitsoverall aus, als wir signalisieren, dass wir nun los können. Dann setzt er sich in Ralph-Lauren Shirt, Levis-Jeans und North Face Schuhen in den verhältnismäßig neuen Minibus und packt erst mal das  Smartphone aus…jetzt wissen wir wenigstens wo unser Geld hingeht… Bevor wir losfahren sucht er noch schnell einen Ersatzmitarbeiter, der seinem Freund beim Holzhaken hilft. Die Geschäfte müssen weiterlaufen.

Dann geht es endlich los Richtung La Junta. Auf der Carretera folgt eine Baustelle auf die nächste, eigentlich ist die komplette Strecke nach La Junta im Bau. Warum man nicht erst mal ein Teilstück fertigstellt, können wir uns nicht erklären. Der Umbau der Sandpiste in eine asphaltierte Straße hängt zusammen mit der Planung des Baus von Wasserkraftwerken hier im Süden Chiles. Hiergegen gibt es heftige Proteste. Der Erhalt dieser einzigartigen Natur auf der einen und die Interessen der chilenischen Regierung und ausländischen Investoren auf der anderen Seite ist hier aktuell ein wichtiges Thema. Unser Fahrer fährt für südamerikanische Verhältnisse recht ordentlich, bei musikalischer Untermalung von chilenischem Techno-Pop, Reggaeton und zahlreichen Remixen von “Over the Rainbow“, die in einer endlos Schleife zu laufen scheinen. Die Strecke ist aufgrund der vielen Baustellen nicht so sehenswert wie heute Morgen. Nach 2 Std. über die Staubpiste erreichen wir La Junta. Hier lässt uns der Fahrer vor dem Supermarkt, in welchem die Bustickets verkauft werden raus. Im Endeffekt muß man sagen, dass bei dem Zustand der Straßen, die einen Platten oder eine kaputte Windschutzscheibe quasi garantieren, der Preis auch halbwegs angemessen war. Wir holen uns ein Busticket nach Puyuhuapi, morgen früh um 5.00 Uhr geht’s weiter. Wir verabschieden unsere chilenischen Mitreisenden bis morgen, wo wir wieder zusammen reisen.

Wir begeben uns auf Hostelsuche in La Junta: Im 1. Hostel liegt eine Kakerlake auf dem Regal, im 2. Hostel werden wir von der  Besitzerin als erstes gefragt ob wir Israelis sind? Im 3. Hostel sind die Kosten etwas höher, allerdings qualitativ auch besser. Trotzdem fast Wucher im “Museumshostel“, welches sich im Erdgeschoss befindet und einiges an Gegenständen beinhaltet, die größtenteils aus Deutschland stammen. Die 5. Frage ist hier ebenfalls, ob wir Israelis sind. Ich denke das hängt damit zusammen, dass viele Israelis nach dem Militärdienst, der für alle Männer und Frauen verpflichtend ist, erst mal reisen und dabei auch gerne ordentlich feiern. Ziel ist hier oft Patagonien, wo die Leute es lieber ruhig haben und da treffen dann zwei Welten aufeinander. Wir haben daher die Auswahl bei der Kakerlake, der Rassistin oder im Wucher-Hostel zu übernachten. Wir entscheiden uns für den Wucher-Preis, nachdem die Dame noch 3000 Peso runter gegangen ist.

Wir machen einen Spaziergang zum traditionellen Carretera Schild, ehe wir einen Geldautomaten suchen, was aber erfolglos bleibt. Daher suchen wir ein  Restaurant mit Kartenzahlung und tatsächlich finden wir eine kleine Hütte direkt an der Carretera. Wie gestern müssen wir klopfen um eingelassen zu werden. Wie in einem Club… Wir bekommen ein 3-Gänge-Menü zu einem ordentlichen Preis und die Qualität ist sehrt gut.

Zurück im Hostel stellen wir fest, dass der WIFI Anschluß, mit dem geworben wird, lediglich das öffentliche Netzwerk der Stadt ist. Auch das warme Wasser kommt nach langem Warten nicht. Wenn irgendjemand hier wäre würde ich unser Geld zurückverlangen…zum Abschluß haben wir noch einen kurzzeitigen Stromausfall.

Aber in ein paar Stunden starten wir zu unserem nächsten Ziel: Puerto Puyuhuapi

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Chaitén & Parque Pumalín

23 02 2014

Mo.  17.02.2014

Als wir um 9.30 Uhr aufstehen sind unsere Revolutionäre teilweise schon weg. Im Waschraum fragt ein Chilene Christoph nach dessen (Öko-) Zahnpasta. Leider kann er ihm weder erklären was er sich da auf die Zahnbürste schmiert, noch fragen ob er auch den Nachgeschmack nach Ouzo geschmeckt hat. Wir packen ein, der letzte Revolutionsführer verabschiedet sich noch persönlich von uns, dann verlassen wir die kurzfristige Gemeinschaft.

Chaiten liegt umgeben von 3 Vulkanen: Corcovado, Michinmahuida und dem gleichnamigen Chaitén.  Am 2. Mai 2008 brach der Vulkan Chaitén, dessen letzter Ausbruch ca. 4000 Jahre zurück lag und den man schon für erloschen gehalten hatte, überraschend wieder aus. Binnen weniger Stunden stiegen Magmamassen aus fünf Kilometern Tiefe auf und nach dem vehementen Ausbruch bildete sich eine 20 Kilometer hohe Rauchwolke, die bis nach Buenos Aires trieb. Es wurden mehr als 60 vulkanische Erdbeben ausgelöst und in Folge des Ausbruchs wurde die Stadt Chaitén von Geröll und Lavamassen überschwemmt. Die Eruptionen hielten den Rest des Jahres an und in ihrem Verlauf bildeten sich im Krater des Vulkans mehrere Lavadome, von denen der jüngste eine Höhe von 120 Metern erreichte. Am 19. Februar 2009 kollabierte dieser zu Teilen und verursachte einen fünf Kilometer langen pyroklastischen Strom, der sich in das Tal des Flusses Chaitén ergoss. An diesem Tag wurden 135 der letzten 160 verbliebenen Einwohner Chaiténs evakuiert. Inzwischen stellte sich heraus, dass es das besonders gashaltige Gestein des Chaitén war, welches die Eruptionen so besonders explosiv macht. Es handelte sich um die ersten wissenschaftlich beobachtbaren rhyolitischen Ausbrüche.

Nach ersten Plänen die Stadt an einer anderen Stelle wieder aufzubauen, wurde Chaitén nun doch am ursprünglichen Ort wieder errichtet. Mittlerweile ist, was die Infrastruktur angeht, halbwegs Normalität eingekehrt, aber die Spuren des Ausbruchs sind an einigen Stellen nach wie vor sichtbar. Unseren Stopp in Chaitén wollen wir zu einem Abstecher zum Parque Pumalín nutzen, ein privates Naturschutzprojekt des US-amerikanischen Millionärs Douglas Tompkins, dem Gründer von “Esprit“ und “The North Face“. Daher steuern wir direkt die Touristeninfo, die uns aber keine nennenswerten Infos bieten kann. Unser nächster Stopp ist der Tourorganisator “Chaitour“. Dort bietet man uns auch eine Tour in den Nationalpark an, vom Ablauf her und dem Zielpublikum, die bereits im Transporter Platz genommen haben, scheint diese Tour für uns nicht attraktiv. Als wir gerade überlegen weiterzufahren, kommen wir auf die Idee den Vulkan zu besteigen. Hierzu hatten wir in Santiago bereits Fotos gesehen. Ich frage nochmal nach bei Nikola, dem etwas zerstreut wirkenden Tourguide. Er sagt er könne uns bis zum Parkplatz am Fuße des Vulkans mitnehmen und später wieder einsammeln. Allerdings müssen wir sofort los. Wir ziehen uns in Windeseile um, packen die Rucksäcke in einen Lagerraum und sind startklar. Plötzlich erfahren wir, dass nun kein Platz mehr im Minibus ist. Nikola sagt wir sollen nun mit dem Überlandbus nach Caleta Gonzalo fahren, er würde mit dem Fahrer besprechen, dass dieser uns dort raus lässt. Dies macht er auch und stellt mich extra dem Fahrer vor. Ich frage ihn ob ich noch kurz im Supermarkt um die Ecke etwas zu Essen & Trinken holen kann, da wir weder gefrühstückt, noch Verpflegung und Wasser für die Tour haben. Es ist 11.55 Uhr, die reguläre Abfahrt ist um 12.00 Uhr. Er gibt mir 5 Minuten und ich renne los. Kai und Christoph steigen in den Bus. Der erste Laden hat weder Brot noch Obst, im zweiten scheint das halbe Dorf einzukaufen. An der Kasse bezahlt gerade Nikola und geht anschließend zu seinem Minibus und fährt los. Mich halb vordrängelnd komme ich verhältnismäßig schnell dran und renne zurück. Als ich um die Ecke biege, denke ich erst ich bin verkehrt, denn vor dem Gebäude steht kein Bus. Ich renne die Straße rauf und runter, um die Ecke, zur Hauptstraße, aber nirgendwo ein Bus in Sicht. Das kann doch nicht wahr sein, denke ich mir. Ich habe solche Last-Minute-Aktionen schon x-mal gemacht und die Fahrer haben immer gewartet. Zudem gehe ich davon aus, dass Kai und Christoph den Bus aufgehalten hätten, wenn ich noch nicht da bin. Schließlich habe ich auch ihre Verpflegung gekauft. Ich gehe in das Tour-Büro und frage die Frau was los ist. Sie kann es sich auch nicht erklären, von dem Fahrer hat sie keine Handy-Nr. und außerdem kann sie nicht anrufen, weil dies von ihrem Festnetztelefon nicht funktioniert. Draußen treffe ich glücklicherweise den chilenischen Revolutionsführer, dieser ruft für mich an, aber Nikola geht nicht ran. Das war‘s dann wohl mit dieser Tour…

Etwas verärgert und unsicher, warum die anderen beiden nichts unternommen haben überlege ich meine Möglichkeiten. An Aktivitäten kann ich heute nichts mehr unternehmen, da alle Touren unterwegs sind. Der Ort ist so tot, dass ein ganzer Tag hier langweilig und absolute Verschwendung der kostbaren Reisezeit wäre. Ich checke den Abfahrtsplan der Busse und stelle fest, dass heute  keine Weiterfahrt zu einem unserer Ziele möglich ist. Also begebe ich mich wohl oder übel auf die Hostelsuche um wenigstens nicht den ganzen Tag irgendwo dumm rumzusitzen. Ich besichtige zwei Zimmer, wovon das zweite wirklich sehr gut ist. Ich reserviere und sage ich gehe nur “kurz“ meinen Rucksack holen…

Zurück bei Chaitour bitte ich die Dame mir den Lagerraum aufzuschließen. Sie entgegnet mir, dass sie keinen Schlüssel habe…na klasse! Da ich weder Geld, noch Pass, noch sonst irgendwas einstecken habe, womit ich den Tag in diesem Nest erträglicher machen könnte beginne ich etwas Stress zu machen. Erfahrungsgemäß bringt das in Südamerika die Leute am ehesten dazu sich zu bewegen. Wir haben aber nach wie vor das Problem, dass Nikola nur über das Handy erreichbar ist. Wieder leiht uns ein Chilene sein Handy, aber leider erfolglos. Nachdem ich nicht locker lasse, versucht sie Nikolas Frau anzurufen, auch ohne Erfolg. Im Büro hängen einige Schlüssel, aber sie ist sich sicher, dass diese nicht passen. Ich werde langsam wütend und drohe die Tür einzutreten, wenn sie sich nicht um den Schlüssel kümmert. Ich sage, dass ich eine Mitfahrgelegenheit habe und heute noch weiter kann, um die Sache zu dramatisieren, aber kann sie damit leider auch nicht motivieren. Im Gegenteil droht sie mir nun mit der Polizei. Mir wird es zu bunt, klar trage ich eine Teilschuld an der Situation, aber wenn Nikola uns nicht einen Transfer verkauft hätte für den er gar keine Kapazitäten in seinem Fahrzeug hatte hatte, wäre ich gar nicht in dieser Lage. Die Holztür ist mit einem zusätzlichen Riegel gesichert und der sitzt gut, wie ich bei einem “Testtritt“ feststelle. Ohne diesen Riegel wäre sie wahrscheinlich aufgesprungen. Von außen lassen sich die Schrauben des Riegels nicht lösen. Allerdings sind die Scheiben im Türfenster nur mit Leisten angenagelt. Wenn ich eins von diesen Fenstern herausnehme, müsste ich den Riegel von innen abschrauben und die Tür öffnen können.

Ich gehe zurück ins Büro, sage der Frau, dass ich eine Möglichkeit sehe die Tür ohne Beschädigung zu öffnen, sage das ich mich damit auskenne und gebe vor sowas beruflich zu machen und bitte sie mir eine Zange und einen Schraubenzieher zu geben. Nach langem Suchen findet sie eine Knipszange und eine Spachtel…besser als gar nichts, denke ich. Also auf ans Werk! Die Fensterscheibe habe ich ruck-zuck draußen. Eine der drei Schrauben, mit denen der Riegel befestigt ist, ist lose und lässt sich locker von Hand aufdrehen. Die anderen beiden sitzen allerdings fest und mit der Minizange ist da nichts zu machen. Plötzlich steht die Polizei vor dem Büro und betrachtet mich. Nachdem sie mit der Frau gesprochen haben, kommen sie zu mir. Ich erläutere die Situation und die Carabineros versuchen mit verschiedenen Schlüsseln an ihrem Schlüsselbund das Vorhängeschloss zu öffnen. Scheinbar hier üblich… Dann kommt eine weitere Dame dazu, ich vermute Nikolas Frau, sowie ein älterer Mann, ich nehme an sein Schwiegervater. Dieser will mit einem Schraubenzieher und einer Zange das Schloss zerschlagen. Ich sage das ist nicht notwendig, da ich die Tür auch so öffnen kann. Allerdings komme ich auch mit seiner Zange nicht weiter. Der Mann ist aber gut ausgestattet, bringt einen Maulschlüssel, der aber leider nicht passt, und einen Rollgabelschlüssel mit dem ich die Schraube zu fassen bekomme. Die Polizisten stehen immer noch dabei und beobachten das Ganze. Nachdem mir die Schrauben immer wieder wegrutschen, zwänge ich mich mit Kopf und Arm durch das enge Fenster (was ich selbst nicht für möglich gehalten hätte) und komme nun, wenn aufgrund der verrosteten Schrauben auch nur langsam, zum Erfolg. Anschließend noch etwas dagegen schlagen, damit sie aus dem Loch rutschen und von außen nochmal an den Schrauben ziehen und drehen, dann öffnet sich die Tür und der Riegel hängt lose in der Luft. Dieses “Wunderwerk“ löst scheinbar allgemeine Anerkennung aus, dass ich ohne Schaden, diese scheinbar sichere Tür geöffnet habe. Die Polizisten wollen trotzdem meinen Pass sehen, schreiben scheinbar sowas wie einen Vermerk. Ich frage, ob ich nun irgendwelche Nachwirkungen zu befürchten habe, was sie jedoch mehrfach verneinen. Ich schreibe noch einen Zettel, in welchem Hostel ich bin, und hänge ihn an Kais Rucksack. Anschließend baue ich die Tür wieder zusammen und als ich wenige Minuten später fertig bin, ist nahezu nichts mehr von dem “Einbruch“ zu sehen (die Schäden auf dem Foto waren bereits vorhanden). Die Polizei fährt nun wieder ab, viel zu tun scheinen sie hier ohnehin nicht zu haben. Die Frau im Büro hat sich mittlerweile wieder beruhigt, ich entschuldige mich anstandshalber nochmal und gehe dann Richtung Hostel.

Dort dachte man schon ich habe mir es anders überlegt. Praktischerweise gibt es dort Internet und ich kann endlich mit Lotte und Vanessa skypen. Aufgrund der Zeitverschiebung war dies bisher nicht möglich und so hat dieser chaotische Tag wenigstens einen netten Abschluß. Am späten Nachmittag mache ich noch einen Spaziergang durch den kleinen Ort und fotografiere die Vulkane Cocorvado & Chaitén. Als ich später Richtung Centro zum Bancomat gehe, ist bei Chaitour noch keiner da. Als ich die Straße runtergehe und mich nochmal umdrehe, sehe ich den  Bus mit Kai und Christoph. Ich gehe zurück und treffe sie gerade als sie die bearbeitete Tür aufschließen. Bevor ich was sagen kann entschuldigt sich Nikola x-mal, scheinbar ist schon alles zu ihm durchgedrungen. Und er fragt mich warum wir nicht den Schlüssel benutzt hätten, der im Büro gewesen sei…  Kai und Christoph dachten ich sei bei ihm im Minibus. Als sie am Vulkan ankamen war ich nicht dort. Nikola entschuldigt sich wieder und fragt ob ich o.k. sei. Wir buchen noch Tickets für den nächsten Tag nach Villa Santa Lucia, da erst am Mittwoch wieder ein Bus nach Puyuhuapi, unserer nächsten geplanten Station geht.

Der Bericht von der Vulkanbesteigung nun von Christoph:

Die kurzfristige Möglichkeit zum Vulkan zu fahren, hat bei uns etwas Chaos ausgelöst. Nachdem Nikola gesagt hat, dass in seinem Bus kein Platz mehr ist, war plötzlich doch wieder ein Platz frei. Roland wollte noch Verpflegung und Getränke besorgen und hat mit Nikola und dem Busfahrer nach einer Möglichkeit gesucht noch schnell etwas kaufen zu können. Nikola hat stets bekräftigt, dass das kein Problem ist. Ich bin nach Aufforderung des Busfahrers eingestiegen und Kai kam etwas später nach. Wir hatten Stehplätze und haben auf die Abfahrt gewartet. Kai und ich sind davon ausgegangen, dass Roland den letzten Platz bei Nikola bekommt und dieser auf ihn wartet bis er vom Einkaufen zurück ist. Nach einer 30 Minütigen Fahrt sind wir am Vulkan angekommen und Nikola war mit seiner Gruppe bereits dort. Ich schaue mir die Teilnehmer an und kann Roland nicht erblicken. Ich laufe zu Nikola und frage ihn wo Roland ist. Er sagt nur, der hätte bei uns mitfahren müssen und er weiß nicht wo er ist. Kai und ich ärgern uns, dass wir uns vor der Abfahrt nicht gut abgesprochen haben und hoffen, dass Roland noch per Anhalter nachkommt. Wir beschließen 30 Minuten zu warten und hoffen, dass er nachkommt. Im Schatten wartend kommen einige Autos vorbei, aber leider alle ohne Roland. Hier wird gerade deutlich, dass wir sonst häufig zu Koordination schnell auf Handys zurück greifen und jetzt keine Möglichkeit haben Kontakt aufzunehmen und uns auf den aktuellen Stand zu bringen.

Nach einer halben Stunde starten Kai und ich den Aufstieg zum Vulkan. Das Wetter ist sehr sonnig und wir haben wenig zu trinken und nur ein paar Kekse. Leider keine optimalen Bedingungen für eine Wanderung in der prallen Sonne. Der untere Teil der Wanderung ist sehr grün, aber es ist auch hier sehr viel durch die zurückliegenden Vulkanausbrüche zerstört.  Der Weg zieht sich steil den Hang hinauf und zum Teil ist es schwierig den Weg zu finden. Schattenstellen sind sehr rar und es geht kaum ein Lüftchen. Ich laufe vorneweg und Kai ist einige Meter hinter mir. Kai hat mit dem wenigen Wasser Probleme und fragt mich, ob er etwas von mir haben kann. Ich geb ihm meine Flasche und wir laufen weiter. In der Gegend sind sehr viele “Sandflies“, die einem permanent umschwirren und sich überall auf dem Körper niederlassen. “Sandflies“ sehen aus wie großen Fliegen und können auch beißen. Kai wird gleich zu Beginn der Wanderung auf der Stirn gebissen.  Die Fliegenplage erschwert die Bedingungen und die Nerven noch zusätzlich. Wir haben zirka zweidrittel der Besteigung geschafft, da meldet sich Kai bei mir und sagt, dass er nicht mehr weiter kann. Er geht zurück bis zu einem Bach und wird dort auf mich warten.  Ich steige alleine weiter die Serpentinen hoch. Immer wieder sind aufwendig Stufen in den Berg eingearbeitet. Der letzte Teil geht nur noch direkt gerade aus über das Geröll den Berg hinauf. Oben angekommen stehe ich direkt gegenüber des Vulkans. Ich bin etwas enttäuscht, da ich erwartet hatte an den Kraterrand zu kommen. Ich versichere mich, dass es keine Möglichkeit gibt weiter zu wandern und sehe keine Möglichkeit. Ich bin vom Vulkan durch einen großen Abgrund getrennt. Gerade im Stehen bin ich ein leichtes Opfer für die “Sandflies“. Ich versuche schnell ein paar ordentliche Fotos zu machen, esse ein paar Kekse und beginne wieder mit dem Abstieg. Unten bei Kai angekommen genießen wir noch einen Moment am Bach, aber ergreifen nach einiger Zeit die Flucht vor den Fliegen. Wir warten am Parkplatz der Carretera Austral, wo uns Nikola um 18 Uhr abholen möchte. Wir vertreiben uns dort zwei Stunden die Zeit und können verschiedene Wanderer beobachten, die versuchen von dem Parkplatz per Anhalter zurück nach Chaiten zu fahren. Es gelingt keinem. 18.00 Uhr ist vorbei und Nikola ist nicht in Sicht. Kai und ich werden langsam nervös, ob wir uns auch bald zu der Anhalterfraktion gesellen müssen. Um 18.15 Uhr biegt der Kleinbus von Nikola auf den Parkplatz ab. Kai und ich sind erleichtert. Auf dem Rückweg hält Nikola mit uns und der Restgruppe noch an einem wunderschönen Strand kurz vor Chaiten. Wäre der Sand nicht schwarz, dann könnte dieser problemlos die Konkurrenz mit Stränden in Thailand aufnehmen. Wir genießen die Abendsonne und haben sogar das Glück noch Delfine in Strandnähe zu sehen. Nikola kommt zu uns und entschuldigt sich für das Durcheinander am Morgen. Er erzählt, dass Roland seine Scheibe am Gepäcklager kaputt gemacht hat und die Polizei gekommen wäre. Kai und ich machen uns Sorgen und sind gespannt, ob wir Roland in Chaiten wieder antreffen werden oder ob er weitergereist ist. Ich frage Nikola, ob auch ein direktes Besteigen des Vulkans möglich ist. Er sagt mit einem zwinkernden Auge ja, aber das man das im Moment nicht überlebt. Am Kraterrand ist es noch zu heiß und es treten weiterhin gefährliche Gase und Lava aus.

In Chaiten wieder angekommen, ist das Gepäcklager in ordnungsgemäßen Zustand und wir finden an Kai’s Rucksack eine Nachricht in welchem Hostel Roland auf uns wartet. In diesem Moment taucht auch Roland auf und erklärt Nikola wie er die Tür geöffnet hat und das er alles professionell wieder repariert hat. Nikola ist sehr zufrieden und wir holen uns noch ein paar Tipps für die weitere Reise. Ich bin froh, dass wir wieder alle zusammen sind, da die Reise gerade in der Gruppe seinen Reiz ausgemacht hat und wir bis hierhin eine sehr gute Stimmung hatten.

Wir gehen kurz ins Hostel und anschließend in kleines Lokal, wo man anklopfen muß, um rein gelassen zu werden. Christoph probiert “Curanto“, eine chilenische Spezialität. Anschließend stellen wir fest, dass wir am Bankautomat nur mit Mastercard abheben können. Zum Glück hat Christoph eine dabei, da Kai und ich nur mit Visa ausgestattet sind. Langsam wird es eng mit dem Bargeld und der nächste Automat ist 300 km südlich…

Diese Richtung schlagen wir nun ein, morgen Richtung Villa Santa Lucia

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Naviera Austral: Castro – Chaiten

21 02 2014

So.  16.02.2014

Bereits vor dem Frühstück gehen wir zum Hafen um Tickets für die Fähre der Gesellschaft Naviera Austral zu kaufen. Draußen ist es noch relativ kühl, aber die Sonne ist schon wieder zu sehen. Am Fährterminal angekommen darf nur einer zum Ticketkauf in das Gebäude. Der Verkäufer sagt mir, dass es keine Sitzplätze mehr gibt, wir aber Karten für das Oberdeck kaufen können. Für uns o.k., da es nicht nach Regen aussieht, also kaufe ich drei Tickets und wir gehen den steilen Hang hinauf zurück ins Hostel zum frühstücken und um die Rucksäcke zu packen. Als wir um 10.30 Uhr zurückkommen hat sich vor dem Terminal schon eine größere Menge an Rucksacktouristen angesammelt, größtenteils Chilenen.

Wir sind nicht sicher ob 11.00 Uhr die Abfahrts-, oder die Boardingzeit ist. Zunächst wird noch ein Tanklaster verladen. Dann öffnet sich die Ladeluke für die Passagiere. Wir gehen das Pier hinunter, vorbei an einem Pavillon der holländischen Rederei, deren Kreuzfahrtsschiff gerade im Hafen liegt. Dort warten Stühle und Desinfektionsstationen auf die Kreuzfahrer, die sich nach dem Kontakt mit den “wilden Chiloten“ von ansteckenden Krankheiten befreien und ausruhen können. Ein seltsames Bild. Im Bauch der Fähre befindet sich eine Gepäckstation, wo wir die Rucksäcke abgeben können. Wir warten einen Moment, damit unsere Rucksäcke oben liegen und wir beim aussteigen bei den ersten sind die das Boot verlassen. Wir gehen hoch auf das Oberdeck und setzen uns in die Sonne. Das Boot füllt sich langsam und unten fahren weitere LKWs in die Fähre ein. Nachdem ich ca. 45 Min. in der Sonne geschlafen habe und wir immer noch im Hafen liegen, berichtet Kai, dass einer der LKWs Probleme beim Einparken hatte und die Fähre versetzt werden musste, damit er einfahren kann. Nun können auch endlich die PKWs einfahren. Nach einer weiteren Stunde und drängt sich die  Frage auf ob wir heute überhaupt noch Ablegen…als wenig später einige an der Brüstung stehende Passagiere applaudieren gehe ich nach vorne und Kai berichtet, dass durch die eintretende Flut das Tau mit dem die Fähre an einem der Poller befestigt war nun unter Wasser ist und nicht mehr gelöst werden kann. Kurzerhand wurde nun ein Beiboot zu Wasser gelassen und das Tau einfach durchtrennt. Nun kann es endlich losgehen, es ist 14.45 Uhr. Der Kapitän hupt und das Kreuzfahrtschiff, dass weiter draußen vor Anker liegt (wahrscheinlich aus Infektionsgründen…) hupt zurück. Wir fahren aus der Bucht raus und Wind kommt auf. Auf Deck spielen 4 Blonde Jungs, die wohl Geschwister sind und da die Eltern beide dunkelhaarig sind, muss ich mich hartnäckig Christophs Anschuldigungen erwehren, dass das Quartett ein Resultat meiner Südamerika-Reise vor drei Jahren ist…zudem kommt vom Alter her nur einer der Jungs in Frage 😉

Wir fahren vorbei an Fischerhäuschen, die mitten im Wasser stehen und kleinen vorgelagerten Inseln auf denen die Zeit wohl stillgestanden ist. Die grünen Hügel erinnern an das “Auenland“, nicht das erste Mal das sich Chile meiner Ansicht nach auch als Schauplatz für Herr der Ringe oder Hobbit-Filme eignen würde. Vor uns liegt Nebel auf dem Wasser und als wir langsam darin eintauchen wird es kalt. Ich suche mir unten einen leeren Platz, während draußen leichter Nieselregen einsetzt. Die Sichtweite beträgt wenige Meter und uns wird klar, warum auf diesem vergleichsweise alten Schiff eine nagelneue Radaranlage montiert ist.

Gegen 20.00 Uhr sagt der Kapitän durch, dass wir nun bald Chaiten erreichen. Wir gehen an Deck und entdecken den Vulkan Corcovado. Dann zeigt sich langsam ein Strand, sowie etwas weiter vorne ein Leuchtturm. Irgendwann erkennen wir auch den Fähranleger. Da das Boot noch wenden muß, gehe ich nochmal nach innen. Mit meiner kurzen Hose, die ich optimistischer weise heute Morgen angezogen habe, ist es doch etwas frisch… Nach einigem Gewusel kommt auf einmal eine Durchsage, dass das Aussteigen erst um 23.40 Uhr beginnt. Noch 3,5 Std.?! Christoph kommt rein und hat die Antwort für mich: Der Wasserstand ist wegen der Ebbe zu niedrig, so dass die Fähre nicht anlanden kann. Sie haben es wohl einige Male versucht aber ohne Erfolg. Nun müsse man auf die Flut warten, wohl eine Nachwirkung der verspäteten Abfahrt heute Morgen.

Wir suchen uns einen Platz im Innenraum und ergattern zwei der letzten Sandwiches. Die Chilenen haben andere Probleme. Meine Sitznachbarin muß für ihren Vater eine Ladestation für 7 (!!!) Handy, i-pads usw. aufbauen. Eine Mehrfachsteckdose haben sie natürlich dabei. Wir lernen: Auch wenn es nichts mehr zu essen gibt, hauptsache die mobilen Kommunikationsgeräte sind einsatzfähig! Wir vertreiben uns die Zeit, Kai mit Lesen, ich schreibe Blog und Christoph spielt mit Rachel, einer Amerikanerin, die auf dem Weg zu ihrer Stelle als Englisch-Lehrerin in einem humanitären Projekt ist, woran sie teilnimmt um Lebenslauf ihren aufzuputschen, und zwei französischen Mädels Karten. Auf Rachels Frage was Kai liest und auf die Antwort wie er den zweiten Teil von “Die Tribute von Panem“ findet, antwortet er  “Love ist not my Thing”

Es ist irgendwie Ironie des Schicksals, dass wir nicht draußen auf See Schiffbruch erleiden oder irgendwo auf Grund gehen, sondern quasi nur 10 Meter vom Ufer entfernt sind, es doch keine Möglichkeit gibt das Schiff zu verlassen, da auch die Beiboote wegen dem Wasserstand nicht anlegen können. Als gegen 22.30 Uhr immer noch keine Verbesserung der Situation in Sicht ist beginnt sich unter den Passagieren Unruhe breit zu machen. In der Mitte des Raumes stehen plötzlich eine Handvoll Leute, die ihre Meinung lautstark kundtun und um Unterstützung bitten. Sie sehen den Grund des Übels darin, dass das Verladen der Fahrzeuge am Morgen durch die Kreuzfahrttouristen auf dem Anleger in Castro verhindert wurde und die daraus resultierende Verspätung nun diese Situation ausgelöst hat. Zwei junge Chilenen tun sich hierbei als Rädelsführer hervor. Der Hauptredner ist, vom äußeren zu urteilen, wohl indigener Herkunft, daher nennen wir ihn den “Mapuche“ (Ureinwohner Chiles). Die Optionen sind nun Unterschriften zu sammeln und das Fährunternehmen zu verklagen, oder wenn das Aussteigen beginnt in einen Sitzstreik zu treten, bis der Kapitän eine Entschädigung zusagt. Ich halte beides für unrealistisch, finde die Reaktionen aber interessant. Man fühlt sich benachteiligt und möchte nun seine eigenen Interessen, in diesem FRall ganz einfach heute Nacht ein Dach über dem Kopf, durchsetzen. Das Ganze hat aber etwas von Revolution, wir es von nun auch nennen und ich hätte eigentlich erwartet, dass jemand auf den Tisch steigt, irgendwas von Freiheit brüllt und wir die Brücke stürmen – Viva la Revolución!

Während der nächsten zwei Stunden herrscht allgemeine Hektik, immer wieder ergreifen Leute das Wort, während “Revolutionshelferinnen“ umhergehen und Unterschriften sammeln. Eine Kontaktadresse für mögliche Schadensersatzzahlungen können wir leider nicht angeben, aber Erfolg in dieser Hinsicht scheint eh sekundär. Der “Mapuche“ hat Kontakt mit der Bürgermeisterin von Chaiten und gibt durch, dass sie versuchen eine Unterkunft für diejenigen zu finden, die ihre Anschlüsse verpasst oder keine Unterkunft in Chaiten reserviert haben. Sowohl wir drei, als auch die beiden Französinnen sind der Meinung, dass wir eher über Nacht auf (den halbwegs bequemen Sitzen) der Fähre bleiben und dort schlafen wollen, da eine Hostelsuche bei Nacht, bei der Menge an Personen sich als sehr, sehr schwierig herausstellen könnte. Draußen beginnen die Autos am Anleger, die ihre Gäste abholen wollen, zu hupen. Immer wieder kommen Zwischenmeldungen von den Revolutionsführern, die wohl eine Standleitung nach Chaiten unterhalten. Wir scheinen bei dieser Aktion eine wichtige Rolle einzunehmen, denn eine der Revolutionshelferinnen erkundigt sich fortlaufend, ob wir alles verstanden haben. Auch der junge Chilene, der sich neben dem “Mapuche“ hervortut, kommt an unseren Tisch, stellt sich vor, erklärt die Situation und sagt wir finden ihn auf Sitz 28, wenn etwas sein sollte. Durch unsere Unterstützung bekommt die ganze Aktion nun auch internationales Ansehen und die Welt soll sehen, dass sich die junge chilenische Generation nichts gefallen lässt 😉

Im Bordfernsehen läuft Alien vs. Predator, nicht gerade passend wenn man die Masse an Kindern an Bord berücksichtigt. Aber nach dem “Charlize Theron Nachmittag“ mit Aeon Flux und Snowwhite, sowie einem Bericht über die aktuellen Aufstände in Venezuela nimmt es sich aber nicht mehr viel. Bei den Verhandlungen scheint es zu stocken, dann kommt plötzlich gegen 0.30 Uhr die Nachricht, dass Aussteigen nun möglich ist. Der Großteil der Passagiere nimmt dies auch wahr, zum Entsetzen der Revolutionäre. Ein Mitarbeiter der Fährgesellschaft betritt den Raum und bittet deutlich alle auszusteigen. Die Antwort, die ihm von den hiergebliebenen entgegenkommt, scheint im nicht zu passen und die Stimmung wird leicht aggressiv. Er droht mit der Polizei, was alle aber recht gelassen nehmen. Das ganze zieht sich aber ziemlich hin. Es wird immer wieder verlangt, dass jemand zum Kapitän darf, oder dieser sich blicken lässt, aber ohne Erfolg. Mittlerweile sind an Bord nur noch junge Chilenen, wir  drei und die beiden Französinnen. Uns wird immer wieder gesagt, dass alles o.k. ist, man findet eine Lösung und wir sollen ruhig bleiben. Unsere Anwesenheit scheint aufgrund der Sonderbehandlung nach wie vor wichtig zu sein. Plötzlich betreten mehrere Uniformierte den Raum. Bei näherem Hinsehen stellen wir fest, dass es sich um die Marine handelt. Der Ranghöchste ergreift das Wort und sagt, dass er unsere Situation verstehen kann, wir aber das Schiff jetzt verlassen sollen. Da wir weiterhin standhaft bleiben, willigt er ein mit den zwei Revolutionsführern zum Kapitän auf die Brücke zu gehen. Der “Mapuche“ bekreuzigt sich. Welchen Hintergrund das wohl hat… Wir warten weiter. Irgendwann kommen die beiden zurück, aber gerade als sie was sagen wollen dringt Unruhe von draußen rein und sie rennen auf Deck. Dann kommt die Marine zurück: Wir sollen nun erstmal das Schiff verlassen, sie versprechen eine Lösung für uns zu finden. Es sei alles im Gange, dauert aber seine Zeit. Es sollen sich nun alle auf eine Seite setzen, die eine Übernachtungsmöglichkeit brauchen. Was die alternative Möglichkeit ist, verstehe ich nicht, aber es setzen sich sowieso alle nach rechts. Von 180 sind 74 Personen übrig, davon 5 Touristen inklusive uns drei.

Um 1.00 Uhr verlassen wir im Gänsemarsch den Passagierraum. Unten im Laderaum haben die Fahrzeuge bereits das Schiff verlassen und die Passagiere für die Rückfahrt stehen (wahrscheinlich seit Stunden) dort und warten. Beim Gepäck herrscht Anarchie, jeder reißt seine Sachen aus dem Stapel. Unsere Rucksäcke finden wir irgendwo am Boden. Wir verlassen das Schiff, draußen warten die Passagiere, die bereits ausgestiegen sind und scheinbar nun auf das Trittbrett in Sachen kostenloser Übernachtung aufsteigen sollen. Da sich erstmal noch nichts tut warten wir am bzw. im Hafenwärterhäuschen. Die Bürgermeisterin fährt zwischen Stadt und Fähranleger hin und her. Nach einer halben Stunde, gegen 1.30 Uhr ist es endlich soweit. Sie hat organisiert, dass wir im Gymnasio (Turnhalle) übernachten – Die Revolution war erfolgreich^^

Wir machen uns fertig und brechen auf zum Fußmarsch nach Chaiten. Der Stolz der Revolutionäre steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Gefühlte 10 cm größer begleiten sie den Zug, den Erfolg in ihrem Lebenslauf sicher. Hier geht es scheinbar um mehr als um eine kostenlose Übernachtung. Gerade hier in Lateinamerika ist es noch üblich für seine Forderungen auf die Straße zu gehen und zu protestieren, was meist jedoch gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei nach sich zieht. Was heute hier passiert ist wird wohl als sowas wie der Sieg über den Kapitalismus gewertet. Der kleine Bürger gegen die reiche Reederei aus Europa. Ich habe das Gefühl den Einzug in Chaiten fühlen sie sich wie zuletzt Fidel Castro und Che Guevaras beim Einzug in Havana nach der Revolution auf Kuba. Ein Fackelzug mit Stirnlampen die Straße an der Küste entlang hinein in den kleinen Ort, begleitet vom Blaulicht der Marine, die mit einem Wagen den Zug begleitet, der Bürgermeisterin in ihrem Auto, genauso wie einem “Partymobil“, wo zwei Damen mittleren Alters die Musik aufgedreht haben und nun versuchen Gäste für ihre Unterkunft zu gewinnen. Als wir nach 10 Minuten Fußmarsch in Chaiten eintreffen, kommen die Bewohner -mitten in der Nacht- aus den Häusern um zu schauen was vor sich geht. Wir nehmen, quer über die Plaza, direkt Kurs auf die Turnhalle. Das Licht brennt bereits und neben dem Eingang steht der “Mapuche“ um die Abwicklung des “Friedensvertrags“ zu beobachten. Später sehen wir ihn nicht mehr. Sein Handeln war wohl absolut uneigennützig und er zieht sich in seine Unterkunft zurück.

In der Turnhalle begrüßt uns ein Vertreter der Stadt und stellt uns den Sportlehrer Ignazio vor, der heute Nacht die Aufsicht übernimmt. Aufgrund seiner Jacke des Clubs Boca-Juniors scheint er wohl Argentinier zu sein. Der Parkett-Fußboden ist zum Schutz mit Platten ausgelegt, wir breiten unsere Matten und Schlafsäcke aus. Die Chilenen bauen ihre Zelte auf und kochen auf Gaskochern ihr Abendessen. Die Duschen sind gut aber kalt. Ignazio, der die ganze Nacht da bleibt dreht das Licht langsam runter um 3.00 Uhr geht endgültig aus.

Willkommen in Chaiten

 

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Isla Chiloe

20 02 2014

Sa.  15.02.2014

Die Panamericana, die hier nach Durchquerung des kompletten Nord- und südamerikanischen Kontinents im Süden Chiloes bei Quellon endet, schlängelt sich über die saftig grüne Insel. Dies ist bedingt durch den häufigen Regen, der auf Chiloe quasi zum Alltag gehört. Heute scheint allerdings weiter die Sonne und das Wetter zeigt sich von seiner beste Seite. Nach mehreren kleinen Stopps erreichen wir die Inselhauptstadt Castro. Vom vergleichsweise kleinen Terminal brechen wir auf Richtung Plaza. Dort sticht uns gleich das erste Highlight ins Auge: Chiloe ist bekannt für seine Holzkirchen von denen 12 sogar zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen. Diese hier in Castro zählt zu den größten und hat, so meine ich zumindest, seit meinem letzten Besuch einen neuen Anstrich bekommen, so dass sie hell in der Abendsonne strahlt. Bereits am Terminal ist uns aufgefallen, dass hier ziemlich viel los ist und die Plaza scheint nahezu überfüllt. Das hängt einem Festival zusammen, welches gerade hier stattfindet. Wir steuern das Hostel Central an und sichern uns die letzten freien Zimmer. Das Holzhaus bietet zwar nur kleine Zimmer ohne Fenster, aber für den kurzen Aufenthalt o.k. und wir wollen nicht so viel Zeit mit Zimmersuchen vergeuden.

Daher starten wir direkt zu einem Rundgang durch die Stadt, gehen nochmal zur Kirche und anschließend runter zum Hafen und den Palafitos, den Stelzenhäusern, die wegen der Ebbe gerade auf dem trockenen Stehen. Am Hafen fragen wir nach einer Fährverbindung nach Chaiten, unser Einstiegspunkt auf die Carretera Austral. Der eigentliche Plan war auf Chiloe bis nach Quellon zu reisen und dort die Fähre zu nehmen. Von einem Mitarbeiter der Fährgesellschaft erfahren wir nun, dass diese nur Donnerstag fährt. Alternativ gibt es am morgigen Sonntag eine Verbindung hier von Castro aus. Nicht optimal da wir gerne noch etwas von der Insel gesehen hätten, aber 4 Wochen Reisezeit müssen wir bei den langen Distanzen gut einteilen, denn allein die Carretera erwartet uns mit über 1200 km. Da der Ticketschalter bereits geschlossen hat müssen wir morgen um neun wiederkommen.

Nachdem wir noch einen Aussichtspunkt mit weiteren Palafitos und das Stadion besucht haben, suchen wir nach einem Platz zum Abendessen. An der Adresse, wo der “Geheimtipp“ des Lonely Planets sein sollte finden wir ein neues Restaurant. Leider scheint es dort nur eine begrenzte Anzahl von Speisekarten zu geben und das Restaurant ist relativ voll, so dass wir über zehn Minuten warten müssen ehe wir uns eine Speisekarte teilen dürfen, die zum Ärgernis von Kai nur auf Spanisch ist. Unsere Übersetzungsversuche mit Wörterbuch sind auch nicht sonderlich erfolgreich, da z.B. “agregado“ als Übersetzung “ataché“. Irgendwann fällt mir ein, dass es Beilage bedeutet. Nach einer halben Stunde dürfen wir dann auch bestellen und stellen fest, dass sich die Meerestiere unter Geflügel finden. Bei Gang auf die Toilette bemerke ich, dass der Händetrockner im Gastraum hängt. Muss sehr unterhaltsam sein für diejenigen, die direkt daneben sitzen. Nach einer weiteren halben Stunde erhalten wir auch unser Essen. Da mein “Churasco“ (gegrillte Lende) etwas klein geraten ist bietet mir die Bedienung an noch ein weiteres zu bringen. Sehr nett finde ich und ich stimme zu. Ansonsten ist der Service mal wieder schlecht.

Auf dem Heimweg stoppen wir noch an einem Mini-Supermarkt um Getränke zu kaufen. Eine beiläufige Bemerkung meinerseits, dass wir uns auf keinem Saufurlaub befinden veranlasst Christoph den Sixer-Bier, den er gerade kaufen wollte, wieder zurück zu stellen. Also begehen wir unseren Nachtumtrunk mit der neuen “Cola-Life“, dem Nachfolger der koffeinfreien Cola-Light. Nach einer notwendigen Dusche geht’s ins Bett, wo mich das Tropfen des Wasserhahns im Zimmer über uns in den Schlaf wiegt.

Morgen geht’s weiter Richtung Chaiten

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Puerto Montt

20 02 2014

Sa.  15.02.2014

Im Nachtbus nach Puerto Montt erwartet uns Gesellschaft. Kai trifft die erste Flirtattacke durch Augenkontakt bereits beim Einsteigen, durch zwei Chileninnen hinter uns. Meine frontale Sitznachbarin würde wohl gerne Händchen halten. Zumindest kann ich mir nicht anders erklären, warum sie mehrmals die Hände auffällig weit hinter ihren Sitz streckt… Den Höhepunkt in Sachen Annäherungsversuch erlebt jedoch Christoph, der direkt neben einer Chilenin sitzt. Köperkontakt unter fremden scheint für sie keine Barriere darzustellen und so wandert mal “zufällig“ der Arm auf den Nachbarsitz, dann dreht sie sich ein und bietet ihm an Löffelchen zu liegen. Warum sie beim Austeigen erst ihre Bluse zuknöpft und dann ihre Hose hoch zieht, kann Christoph auch nicht erklären, aber er ist sichtbar froh nun alleine zu sitzen… Natürlich bleiben wir alle brav und erwidern diese Annäherungsversuche nicht, aber allen blonden Europäern sei gesagt, dass Chilen(innen) ein Kontaktfreudiges Völkchen sind…

Nach kurzen Stopps in Osorno und der deutschen Enklave Puerto Varas, wo wir von der Panamericana aus den Vulkan Osorno erblicken, erreichen wir bei strahlendem Sonnenschein Puerto Montt. Da die Hafenstadt lediglich als Ausgangspunkt für Touren nach Patagonien interessant ist, wollen wir hier nicht lange verweilen, sondern steuern direkt den Bereich mit den Ticketschaltern an und suchen nach einer Verbindung nach Castro auf der Isla Chiloe, unserem nächsten Ziel. Es ist 12.00 Uhr, der nächste Bus geht um 14.40 Uhr, also gehen wir Richtung Hafenviertel um etwas zu frühstücken bzw. zu Mittag zu essen. Hätten wir die WCs des Lokals als erstes besichtigt, wäre unsere Wahl wahrscheinlich auf ein anderes Restaurant gefallen…das Essen ist aber soweit o.k., nur der Service ist kritikfähig.

Nachdem wir die Rucksäcke bereits im Bus verstaut haben, beschließen Christoph und ich noch etwas Verpflegung im gegenüberliegenden Supermarkt zu besorgen. Hierbei werden Christophs Kekse entwendet und von der Einpackerin in die des vorherigen Kunden gepackt. Als er dies bemängelt rennt sie hinterher und rettet unsere Verpflegung kurz vor den Ausgang. Immerhin Kundenservice. Nachdem meine Kasse kurz vor mir schließt und ich mich nochmal anstellen muß, erreiche ich gerade noch so den Bus. Aber was wäre eine Südamerika-Reise ohne Hektik?!

Der Golf von Ancud trennt die Isla Grande de Chiloe vom Festland. Die größte Insel Chiles (180 km Länge, 50 km Breite) und zweitgrößte Südamerikas gilt noch als ursprünglich und die Bewohner, die Chiloten, versuchen zumindest in kultureller Hinsicht ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Als der Bus auf der Fähre geparkt hat, können wir aussteigen und gehen auf die Aussichtsplattformen. Im Bauch der Fähre parkt ein offener Truck, auf dessen Ladefläche drei Backpacker stehen. Trampen ist in Chile absolut üblich und nach meinen eigenen Erfahrungen auch recht ungefährlich. Vielleicht kommt diese Transportvariante weiter südlich für uns auch noch in Frage. Als wir die Hälfte des Wegs hinter uns haben, taucht auf der Backbordseite in einiger Entfernung ein Seehund auf. Leider zu weit weg um ihn richtig vor die Linse zu bekommen. Doch nur einige Minuten später kreuzt ein weiterer unseren Weg und taucht direkt vor unserem Standort auf der Steuerbordseite auf. Auch wenn ich schon einige Seehunde gesehen habe ist es immer wieder beeindruckend diese Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum quasi zufällig zu sehen.

Nach einer knappen halben Stunde nähern wir uns dem Anleger und erreichen unsere nächste Station, Isla Chiloe

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Santiago de Chile

19 02 2014

Fr.  14.02.2014

“Deeesaaayuuuuunoooo!“ ist das erste was wir an diesem Morgen hören. Da wir erst mal richtig wach werden müssen kommt 3 Minuten später die Wiederholung: “Deeesaaayuuuuunoooo!“ Mit schlechtem Gewissen unsere Gastgeber warten zu lassen gehe ich nach unten und treffe in der Küche Don Hugo und Sra. Bella, die gerade das Frühstück zubereiten. Sie erkundigen sich wie wir geschlafen haben und freuen sich, dass ich dies mit sehr gut beantworten kann. Immerhin haben wir auch schon 11.30 Uhr. Nachdem ich Kai und Christoph geholt habe, gesellt sich auch Jorge dazu. Don Hugo erklärt, dass er quasi die Schlüssel abgegeben hat und Jorge nun die Werkstatt für Metallarbeiten führt. Seinen Job bei der Luftwaffe, was ich bei meinem letzten Besuch noch sehr interessant fand, hat er gekündigt. Nach dem Frühstück verteilt Jorge noch Geschenke. Von Ximena und ihm erhält jeder von uns ein Campingbesteck. Eine sehr nette Geste und auch wenn wir so etwas schon im Gepäck haben, so ist es leichter und kleiner als die bisherigen und wird daher gleich ausgetauscht.

Bevor wir in die Innenstadt aufbrechen möchte Jorge uns noch seine Werkstatt zeigen. Diese könnte, anhand der Sauberkeit gemessen, auch irgendwo in Deutschland sein, alles tip-top! Er erklärt uns, dass er gerade z.B. eine Halterung für den Drehstab eines Hähnchengrills herstellt. Maßgefertigt versteht sich. Dies dauert ca. 2 Tage. Sein Mitarbeiter Nazlo, den ich auf meiner letzten Reise schon kennengelernt habe, freut sich über so viele Gäste in seiner Werkstatt und bittet uns zum gemeinsamen Foto.

Jorge bringt uns mit dem Jeep zur Metro-Haltestelle von wo wir ins Zentrum gelangen. Die Metro in Santiago, soweit ich weiß die einzige U-Bahn in Chile und eine der wenigen in Südamerika, ist relativ neu und auf europäischen Standard. Nach einer halben Stunde erreichen wir  die Innenstadt. Bereits auf den ersten Schritten stellen wir fest, dass relativ viel gebaut wird. Überall verdecken Bauzäune die sehenswerten Gebäude. Auch die Plaza de Armas, der Hauptplatz im Zentrum Santiagos, ist mit einem Holzverschlag eingefasst so dass wenig zu sehen ist Wir besichtigen die Kathedrale und finden über dem Weihwasserbecken einen Wasserspender vor, aus dem durch leichtes Berühren das gesegnete Wasser hinausläuft.

Vor einem Pralinengeschäft wundern wir uns über die Schlange auf der anderen Straßenseite. Dann fällt uns wieder ein, es ist ja Valentinstag…  Nächster Stopp ist der Palacio la Moneda, der Präsidentenpalast in dessen Untergeschoss sich eine Ausstellung befindet. Anschließend stärken wir uns erst mal bei Billy Boys, die mit dem Slogan “Familärer Essen“  werben. Ob die Betreiber wissen, dass es ein gleichnamiges Produkt gibt, welches genau das verhindern soll… Nächster Stopp ist der Cerro Santa Lucia, ein Hügel mit einer Art Burg und dazugehöriger Gartenanlage, die sich quasi als Erholungsoase mitten in Santiago befindet und von dessen höchsten Punkt man einen tollen Blick auf diese riesige Stadt hat. Kai probiert “Mote con huesillos“, ein Becher mit einer Art Reis und etwas undefinierbaren. Da er sich selbst nicht überwinden kann es zu essen und mich es absolut nicht reizt, wir aber wissen wollen was es ist, biete ich Christoph einen Completo damit er für uns den Vorkoster macht. Seine Überwindung scheint nicht so groß und während er auf dem unbenannten Etwas herum kaut erläutert er uns, dass es wohl nach Pfirsich schmeckt. Nach einem kurzen Rundgang über die gegenüberliegende “Ferria Artensanal“ (Künstlermarkt) fahren wir mit der Metro (zur Rush-Hour…) zurück.

Da wir nicht genau wissen, welchen Bus wir zum Haus der Großeltern nehmen müssen, laufen wir zurück. La Cisterna ist eine Art Mischgebiet mit Wohnhäusern und kleinen Industriebetrieben. Unterwegs begegnen uns zahlreiche Straßenhunde, nicht unüblich in Südamerika, insbesondere in den Großstädten. Einer hat sich zum Schlafen in eine Mülltüte gelegt…vielleicht ist er auch nach dem Fressen eingeschlafen. Hoffentlich kommt jetzt nicht gleich die Müllabfuhr… An einem Kiosk wollen wir noch kurz etwas zu trinken kaufen. Der typische Laden bietet über Getränke, Snacks und Zigaretten, auch Obst und Gemüse und eine Ecke mit Spielautomaten. Quasi alles in einem. Christoph fragt nach “Aqua sin Gas“ Wasser ohne Kohlensäure und löst ein mittelschweres Chaos aus… Beide Mitarbeiter suchen wie verrückt nach einer Flasche, doch nirgends scheint eine auffindbar. Mittlerweile bildet sich eine kleine Schlange von wartenden Kunden, während die beiden immer noch damit beschäftigt sind die Wünsche des (seit langem wohl einzigen) Touristen zufrieden zu stellen. Ihr Ehrgeiz scheint ihnen zu sagen, dass nicht nur der Ruf ihres Ladens, sondern scheinbar der ganz Santiagos auf dem Spiel steht^^ Irgendwann findet sich im Lager dann doch noch eine Flasche, die ist allerdings warm. Dieses Übel müssen alle Seiten nun irgendwie in Kauf nehmen 😉

“Zu Hause“ erwartet man uns schon. Vor unserer Abreise sollen wir natürlich noch ordentlich essen und das Fleisch in Knoblauchsoße schmeckt wirklich super. Nebenbei unterhalten wir uns über die gemeinsamen Bekannten in Deutschland. Don Hugo bemängelt das Ricardo (sein Großneffe) kein Spanisch spricht, obwohl beide Eltern es können. Er fordert seine Frau vehement auf, dass wir eine Melone essen. Ihre Antwort übersetze ich so, dass immer wenn sie keine Melone da haben, er Melone haben möchte und wenn sie welche haben dann nicht… Dann meint er plötzlich: “El Marius fue un Nino feu“ – (Unser Freund) Marius war ein hässlicher Junge! Dem füge ich nichts hinzu 😉

Nach einem Gruppeninternen Verständigungsproblem, ausgelöst durch ein Blatt Zewa auf dem Bett, laden wir die Rucksäcke auf die Ladefläche von Hugo Eusebios Pick-Up. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen herrscht allgemeine Hektik, man hat wohl Angst, dass wir den Bus verpassen, obwohl noch 1,5 Std. Zeit ist. Unterwegs gibt er uns noch seine Nummer für den Notfall. Als wir an einer Ampel halten entdeckt Kai ein Hotel mit Namen “Sahara Inn“, was uns von seinem Schwiegervater in Spe als Unterkunft empfohlen wurde. Wir sind uns einig, dass diese äußerlich wenig einladende Unterkunft keine gute Wahl gewesen wäre, was Hugo Eusebio lachend bestätigt. Am Busterminal lässt er uns raus und wünscht uns eine gute Reise. Im Terminal geht es ziemlich hektisch zu, was laut Hugo Eusebio daran liegt, dass für viele an diesem Wochenende der Urlaub endet. Wir haben noch etwas Zeit und besorgen Getränke, bevor wir um 22.30 Uhr in den Bus steigen. Über 1000 km liegen vor uns auf unserem ersten Abschnitt in den Süden, nächster Stopp: Puerto Montt.

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Bienvenido a Chile!

17 02 2014

Mi. 12.02. & Do. 13.02.2014

Unsere Chile Reise sollte eigentlich mittwochs beginnen. Der erste erwähnenswerte Vorfall ereignet sich jedoch bereits einen Tag vor der Reise. Am späten Nachmittag ruft mich Christoph an: Er hat gerade eine E-Mail von Delta-Airlines bekommen. Unser Flug von Atlanta nach Santiago wurde gecancelt, da der Flughafen von Atlanta heute Abend wegen Schneesturm geschlossen wird. Demnach könnten wir zwar bis in die USA reisen, würden dann jedoch festsitzen. Da Christoph gleich seine Prüfung schreibt und ich auf dem Sprung zu einem Termin bin, übernimmt Kai die Kontaktaufnahme mit der Notfall-Hotline. Abends erfahren wir dann, dass unser Flug umgebucht wurde und wir nun statt um 10.15 Uhr erst um 17.40 Uhr mit Air France über Paris fliegen. Für mich quasi ein Déjà-Vu, habe ich ja bereits im Oktober meinen Delta-Flug über Paris umgebucht. Einerseits gut, dass es funktioniert, andererseits drängt sich die Frage auf, ob ich nochmal bei dieser Airline  buchen sollte, da sie für 100 % meiner Reiseausfälle, bzw. Verschiebungen verantwortlich sind… In jedem Fall sparen wir nun Zeit, denn statt der geplanten 30 Stunden mit Stopps in Detroit und Atlanta, fliegen wir nun nur noch ca. 22 Stunden mit einem Zwischenstopp in Paris. Diesen Reisemarathon hatten wir auf anraten unseres Chile-Reise-Spezialisten Pit bereits im August gebucht, da er sich sicher war, dass wir für so einen Preis keinen Flug bekommen. Als Christoph eine Woche vorn Abflug dir Preise nochmals verglichen hat, fand er einen 18 Stunden-Flug für den gleichen Preis…nennen wir es mal Fluglotterie.

Die Flugverschiebung stellt sich für meine persönliche Zeitplanung als echter Glücksfall heraus und so erreiche ich halbwegs pünktlich um 15.30 Uhr den Frankfurter Flughafen. Meine Reisepartner Christoph und Kai sind nicht am Check-Inn und so vertreibe ich mir mit Lotte die Zeit mit Rolltreppe fahren. Irgendwann kommt uns von oben Christoph entgegen und sagt, dass sie bereits bei McDonalds sitzen. Als Kai und die Abschiedsgesellschaft eingetroffen sind, verstauen wir noch die letzten Nutella-Gläser (Gastgeschenke) in meinem Rucksack und ich gebe mein Gepäck auf. Als wir zum Sicherheitscheck kommen heißt es Abschied nehmen und man hat den Eindruck, dass dies denen, die daheim bleiben schwerer fällt als uns Reisenden… Ein Foto und zum letzten Mal meine kleine Lotte auf den Arm nehmen, dann geht’s los Richtung Südamerika, nach Chile!

Nach dem Sicherheitsscan werde ich von einem Security-Mitarbeiter aufgefordert mich in einen Seitenraum zu begeben. Mit einem Papierstreifen streicht er über das Display meiner Kamera. Das war’s schon. Wir winken noch ein letztes Mal unserem Abschiedskomitee, die immer noch draußen stehen und gehen dann Richtung Gate. Der Flug nach Paris verläuft eher unspektakulär. Einziges Highlight ist die Becherhalter an den Sitzen, die Kai und Christoph zum ersten Mal entdecken und welche überschwängliche Begeisterung auslösen.

In Paris hatten meine beiden Reisepartner geplant während unseres 5-Stündigen Aufenthalts das DFB-Pokal-Spiel der Bayern bei einem Bier zu verfolgen. Doch leider findet sich am Flughafen Charles de Gaulle weder eine Sportsbar noch ein Bier zu halbwegs normalen Preisen. So begnügen wir uns mit Softdrinks und Sandwiches im Wartebereich bis um kurz nach 23.00 Uhr das Boarding beginnt. Die Taktik erst am Ende einzusteigen wirft irgendwann die Frage auf, ob wir dann während des Flugs unser Handgepäck zwischen den Beinen haben, wie gerade auf dem ersten Flug erlebt. Mittlerweile stehen alle Passagiere in einer endlos scheinenden Schlange, anstellen bringt also keine Verbesserung der Situation. In diesem Moment offenbart Christoph eine ganz neue Seite an sich, wir nennen es den “Assi Beinert“. Ganz unbeteiligt stellt er sich neben die Wartenden und beobachtet potentielle Schwachstellen in der Menschenschlange. Und findet tatsächlich eine. Eine Gruppe Jugendlicher lässt immer wieder Lücken aufreißen und als sich eine solche direkt vor unserem Standort auftut schiebt sich “Assi Beinert“ gekonnt dazwischen und wir sind ein paar Schritte später an Bord. Der Nachtflug nach Santiago verläuft ebenso unspektakulär mit wenigen Turbulenzen. Das Unterhaltungsprogramm ist gut und die Verpflegung für einen Flug sogar reichlich. Leider sitzen wir direkt am Flügel, so dass uns der spektakuläre Flug über die Andenkordillere und der Anflug auf Santiago fast gänzlich verwehrt bleiben.

Nach der Landung demonstrieren wir südamerikanische Ruhe, was uns kurz später eine 40-Minütige Wartezeit bei der Einreisekontrolle beschert. Unsere Rucksäcke, einheitlich in schwarzen Cargo-Bags verpackt, warten schon neben dem Gepäckband auf uns. Jetzt nochmal durch den Zollscanner und dann haben wir es geschafft: Bienvenido a Chile!

Für mich beginnt der dritte Aufenthalt im längsten (4300 km) und schmalsten (175 km) Land der Welt und südwestlichen Rand Südamerikas, nach der Chile-Reise 2009 mit dem WSV Bürgel und einem 6-wöchigen Aufenthalt im Rahmen meiner Südamerika-Reise 2010/2011. Christoph war 2009 ebenfalls dabei, Kai betritt zum ersten Mal den Kontinent.

Draußen erwartet uns 5-köpfiges Empfangskomitee der Familie Fuentes, die uns eingeladen hat bei Ihnen in Santiago zu übernachten. Wer unsere Verbindungen nach Santiago nicht kennt, hier eine kurze Erklärung: Don Hugo und Sra. Bella sind die Eltern von Pilar, die mit Pit verheiratet ist, der unser Trainer beim WSV Bürgel war bzw. ist. Beide sind Freunde meiner Eltern und die Eltern meines Freundes Valentin, sowie von Victoria und Amanda, die mit Kai verlobt ist. So trifft Kai nun zum ersten Mal auf seine zukünftige Schwieger-Familie. Don Hugo und Sra. Bella, ihre Töchter Maria-Elena und Ximena, sowie ihr Mann Jorge sind gekommen um uns herzlichst zu begrüßen. Für mich ist es der dritte Empfang in Santiago und er fällt nicht minder herzlich aus als die beiden zuvor. Der “Star“ und Mittelpunkt für unsere Gastgeber ist Kai, der mit der im September anstehenden Hochzeit mit Amanda hier augenscheinlich für großen Wirbel und Vorfreude gesorgt hat. Draußen herrscht um 11.00 Uhr Ortszeit strahlender Sonnenschein bei angenehmen 20°. Tagsüber steigt das Thermometer derzeit auf 30 – 35°. Nach einem kurzen Smalltalk fahren wir mit Maria Elena nach La Cisterna, den Stadtteil Santiagos in welchen die Fuentes leben. Don Hugo zeigt uns das Gästezimmer, wobei er Kai sofort das Doppelbett zuweist, wie es sich für ein neues Familienmitglied gehört. Wir ziehen uns um, kurze Hose, Flip-Flops an, jetzt beginnt der Urlaub!

Anschließend gibt es erstmal Desayuno, Frühstück. Für uns deutsche um halb eins sicher etwas spät, hier aber gar nicht so unüblich und für mein Zeitgefühl optimal. Kai verteilt Einladungen für die Hochzeit und mir kommt bei den folgenden Gesprächen eine neue Rolle zu, die des Dolmetschers. Kai spricht gar kein Spanisch, Christoph hat etwas Basiswissen. Konnte ich mich bei meinem letzten Besuch noch auf Amanda und Valentin verlassen um Sprachbarrieren zu überbrücken, bin ich nun das Linguale Bindeglied zwischen unserer Reisegruppe und der Familie. Gar nicht so einfach… Mit meinem überschaubaren Wortschatz und etwas außer Übung dauert es etwas bis das Gespräch ins Laufen kommt. Dank Alicia, meiner peruanischen Köchin im MainBars, konnte ich im letzten Jahr zum Glück mein Spanisch wieder ein wenig auffrischen und so nun zumindest das wesentliche übersetzen. Es ist wie gewohnt eine lustige Runde, man erkundigt sich nach unseren Familien und Freunden in Deutschland, sowie unseren Reiseplänen. Das wir wahrscheinlich bereits am Folgetag weitereisen wollen scheint schon fast ein wenig Enttäuschung auszulösen. Aber der Weg in den Süden ist weit und die Liste unserer potenziellen Reiseziele lang. Zudem reist Valentin im März nach Chile und wir wollen uns auf dem Rückweg in Santiago treffen. Nach dem Frühstück gibt es Geschenke, auf Spanisch “Regalos“. Bereits bei den letzten Reisen hatte ich gelernt, dass Gastgeschenke hier üblich sind. Die Chilenen an sich scheinen gerade zu verrückt nach Geschenken zu sein und schenken selbst noch umso lieber. Es muss nichts großes sein, sondern eher eine kleine Aufmerksamkeit wie ein Glas Nutella oder ein Päckchen Gummibärchen, hier zwar erhältlich aber vom Preis her ein Luxusprodukt. Als Ausrüstung für den nächsten Deutschland-Besuch gibt es noch Mützen, für Sra. Bella ein Schmuckdöschen aus der Lederstadt Offenbach und als Highlight ein Ratschekasten, hier Ritsch-Ratsch genannt für Don Hugo (Danke Pit für den Tipp!)

Abends steht noch ein Familientreffen bei Maria-Elena in Pirque, einem Weinanbaugebiet etwas außerhalb von Santiago an. Vorher machen wir noch einen Stopp in Provedencia, einem Stadtteil Santiagos, wo sie noch etwas erledigen müssen. Auf dem Weg dahin klingelt das Telefon, es ist Maria-Elenas Tochter Francesca. Ihr wurde im Zentrum Santiagos der Rucksack gestohlen, mit Handy, i-pod, Kamera usw. drin. Mitten im McDonalds als sie den Rucksack auf den Knien hatte, kommt jemand von der Seite und reißt ihn ihr weg. Wir sind vorgewarnt, bei aller Sympathie für diesen Kontinent bleibt Kriminalität, insbesondere in den Großstädten, nach wie vor ein Problem.

Im Parkhaus wird ein Reinigungsservice für Autos angeboten. Eine mir neue und eigentlich gar nicht so schlechte Idee. Kurz ins Parkhaus, was erledigen und wenn man wieder kommt ist für kleines Geld das Auto aufpoliert. Wir schlendern durch die Straßen, die sich was das Angebot an Geschäften angeht durchaus mit europäischen vergleichen können. Unser Ziel ist die Touristeninfo bzw. ein Büro einer Transportgesellschaft, wo wir einen Bus in den Süden buchen wollen. Bereits seit einem Block scheint uns eine Frau mittleren Alters zu verfolgen, als ich nun die Karte raus hole spricht sie uns an, wo wir hinwollen. Nachdem sie uns kurz den Weg gezeigt hat verschwindet sie direkt in einem Telefonladen. Zufall oder die Anziehungskraft blonder Europäer… In der Touristen-Info empfängt  man uns freundlich uns zeichnet uns den Weg zum nächsten Büro eines Busunternehmens ein. Wir suchen einen Nachtbus nach Puerto Montt, dem Drehkreuz für Reisen nach Patagonien. Im Schaufenster von TourBus soll die Reise 32.000 Peso kosten, ca. 42 € für 1.000 km. Gegenüber bietet ein kleines Unternehmen den Trip für 29.000 Peso an. Sicherheitshalber möchte ich bei TourBus aber nochmal nachfragen und siehe da, nur 27.500 Peso, gekauft! Warum draußen der höhere Preis angeboten wird bleibt mir ein Rätsel. Morgen Abend um 22.30 Uhr ist Abfahrt.

Wir gehen zurück Richtung Parkhaus, dessen verlassen sich als schwieriger als gedacht erweist. Erst finden wir die (nicht ausgeschilderte) Ausfahrt nicht, dann haben wir vergessen das Ticket zu bezahlen. Als wir im Auto neben der Schranke warten, fährt eine Frau an uns vorbei, deren böse Blicke, welche mich als Beifahrer scheinbar besonders treffen sollen, zu sagen scheinen “meint ihr Gringos für euch ist alles umsonst?!“

Auf der Fahrt nach Pirque frage ich nach wann es das letzte Mal geregnet hat. In Erwartung einer Antwort wie vor zwei Wochen, sagt Maria-Elena wie aus der Pistole geschossen: Im August! Das erklärt warum die Andenkette, welche den “Hintergrund der Stadt bildet, kaum noch zu sehen ist. 7 Monate ohne Regen lässt den Smog vor den Bergen hängen bleiben. Umso verwunderlicher, dass es an vielen Stellen noch relativ grün ist. Als wir an verschiedenen Krankenhäusern vorbeikommen, unterhalten wir uns über das Krankensystem und Maria-Elena erklärt, dass die öffentliche Gesundheitsversorgung sehr schlecht sei. Das Beitragssystem funktioniert wohl ähnlich wie unseres mit Arbeitgeber und Arbeitsnehmerbeiträgen, allerdings sei die Leistung die man bei den Ärzten ohne Zusatzversicherung bekommt nur notdürftig. Das klingt jetzt sicher makaber, aber Ich frage mich an dieser Stelle, ob dies der Grund ist, warum ich zwischen den Krankenhäusern die Werbetafeln von Bestattungsunternehmen entdecke…

Als wir auf dem Anwesen in Pirque ankommen begrüßt uns Maria-Elenas Mann Adolfo. Das Wort Anwesen ist hier nicht übertrieben. Wer die Fotos meiner letzten Reise nicht kennt, der kann sich ein ca. 3000 m² Grundstück im Stil einer Hacienda vorstellen, mit überdachten Eingangstor, einem Hauptgebäude und Seitenflügel und überdachten Autostellplätzen und hinter dem Haus eine große Terrasse an die ein riesiger Garten mit Pool, Volleyball- und Fußballfeld anschließt.

Zur Begrüßung gibt es erstmal einen Wein aus dem benachbarten Anbaugebiet. Nach und nach stoßen die restlichen Familienmitglieder hinzu, Ximena und Jorge mit ihrer jüngsten Tochter Sofie; die beiden älteren Geschwister Jorge Antonio und Fernanda, sowie Maria-Elenas älteste Tochter Ivana weilen derzeit gerade zu Besuch in Deutschland; sowie Hugos Söhne Juan und Hugo Eusebio mit Frau bzw. Familie. Ein Runde von 13 Personen, alle da um den zukünftigen Schwiegerenkel, -neffen, – Cousin zu begrüßen. Nach kurzem Meinungsaustausch wird der erste Eindruck unter “El pequeno Pit“ (der kleine Pit) zusammengefasst. Dies löst bei Christoph und mir natürlich mehr als ein Schmunzeln aus und es fällt schwer Kommentare über die Körpergröße zu unterdrücken 😉 Kai darf dies aber denke ich doch als Kompliment sehen und beim anschließenden Abendessen (ca. 23.30 Uhr) direkt neben den Großeltern Platz nehmen. Es gibt Asado, Fleisch vom Grill. Allerdings nicht wie bei uns max. 1 cm dicke Scheiben, sondern das ganze geht eher in Richtung “Give me 2 Fingers“. Das Essen ist superlecker und bei den Tischgesprächen ist die anstehende Hochzeit natürlich das Thema. Es folgen Trinksprüche von Don Hugo, Sra. Bella und Maria-Elena, bei denen Kai und Amanda viel Glück und uns eine gute Reise gewünscht wird. Abschließend erhebt Hugo Eusebio sein Glas auf die Liebe, denn es beginnt gerade der Valentinstag. An dieser Stelle nochmal nachträglich alles Gute an unsere Lieben J

Kai scheint überwältigt von der Herzlichkeit mit der er hier empfangen und in die Familie aufgenommen wird. Auch wir als Gäste fühlen uns herzlichst willkommen und es bestätigt das Gefühl von meinem letzten Aufenthalt. Es sind Erfahrungen, die schwer zu beschreiben sind, weil (ich lehne mich mal soweit aus dem Fenster) für uns deutsche so viel Gastfreundschaft unmöglich ist. Man muß es einfach erlebt haben und nun können wir diese Erfahrung teilen. Abschließend fordere ich die Familie, natürlich scherzhaft, auf Amanda zu schreiben, ob sie mit ihrem zukünftigen Ehemann einverstanden sind 😉

Zum Abschluß des Abends zeigen Maria-Elena und Adolfo Fotos von ihrer Urlaubsreise nach Patagonien im letzten Monat, die an vielen Stationen unserer geplanten Route gleicht. Dreimal haben sie sich auf der Größenteils unbefestigten Piste einen Reifen platt gefahren und ihre Zelte wurde mitten in der Wildnis aus dem Dachgepäckträger gestohlen. Aber dies kann den Gesamteindruck nicht schmälern und die beeindruckenden Landschaften wecken unsere Vorfreude und wir können kaum erwarten, dass es morgen Nacht endlich losgeht.

Aber vorher geht’s noch zum Sightseeing nach Santiago

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