Carretera & Coyhaique

25 02 2014

Do.  20.02.2014

Um 5.40 Uhr hat Don Luis bereits das Frühstück für uns angerichtet. Neben uns verlässt noch ein junges Mädel heute mit dem 6.00 Uhr Bus Puyuhuapi in Richtung Coyhaique. Mit kleiner Verspätung ist dann um 6.30 Uhr Abfahrt. Der Busfahrer, den wir bereits von gestern kennen, da er wohl täglich auf dieser Strecke unterwegs ist, verstaut unsere Rucksäcke im Kofferraum des 25 Personen Busses und deckt sie mit einer Plane zum Schutz gegen den Staub ab. Als wir entlang des Fjords fahren wird es langsam hell und es beginnt der landschaftlich (bisher) schönste Teil der Carretera Austral. Leider sitzen wir auf der Rückbank, eingekeilt von einer Familie, deren übergewichtige Großmutter in jeder Kurve halb auf mir liegt. Der Bus ist zwar voll, trotzdem nehmen wir unterwegs noch Fahrgäste mit die am Straßenrand warten. Und wie abgesprochen betreten unsere 3 Chilenen den Bus, die direkt im Nationalpark campiert und nun an der Carretera gewartet haben, die teilweise durch den Park führt. Leider haben sie nur noch Stehplätze, was wirklich ungemütlich ist, da der Busfahrer dermaßen über die Schotterpiste heizt, dass es uns teilweise aus den Sitzen bis an die Decke haut. Beim ersten Stopp, bei dem Gäste aussteigen, ergreife ich die Möglichkeit mich aus der “erdrückenden“ Lage zu befreien und nach vorne zu setzen. Mein neuer (unfreundlicher) Sitznachbar, mustert mich kurz, erwidert weder mein “Hola“ noch zeigt er sonst eine Regung. Dafür stellt er den Sitz nach hinten und quetscht Christoph nun komplett ein… Warum ich das erwähne: Normalerweise sind Chilenen super freundlich, nett und überaus zuvor kommend und extrem kommunikativ. Daher fällt dieser Zeitgenosse extrem aus der Reihe.

Als wir ca. 100 km gefahren sind stoppen wir plötzlich, weil ein überholender Autofahrer winkt und dem Fahrer anzeigt anzuhalten. Der Fahrer steigt aus, geht nach hinten, greift sich an den Kopf, rennt neben dem Bus immer wieder hin- und her, etwas eingeschüchtert und hilflos wirkend und reibt sich die Stirn. Wir denken vielleicht ist ein Reifen geplatzt. Ich gehe raus und sehe, dass der Kofferraum offen steht. Das Mädel aus unserem Hostel sagt, dass der Kofferraumdeckel aufgegangen sei und  zwei Rucksäcke rausgefallen sind. Angeblich sei einer von unseren dabei gewesen. Ich schaue kurz unter der Plane nach, aber alle sind da. Die Aufregung geht weiter, scheinbar hat der Busfahrer nun die Polizei gerufen und dem Mädel gesagt, dass sie ihren Rucksack einsammeln würden. Dann behauptet er nochmal, dass einer von unseren fehlt. Ich verneine dies und sage, dass bei uns alles gut ist. Das Mädel, deren Rucksack weg ist erzählt, dass nichts mit ihrem Namen darin wäre und man ihn so nicht zuordnen könne. Dann fragt sie nochmal, welcher von unseren weg sei, weil der Busfahrer das steif und fest behauptet hätte. Dieser hat gerade den Kofferraum wieder geschlossen. Nun haben sie mich tatsächlich verunsichert und ich sehe ein minimales Risiko, da Christoph und ich unsere Backpacks in Transportsäcken haben und vielleicht jemand den gleichen haben könnte. Ich lasse den Kofferraum nochmal aufmachen, mache die Hüllen auf. Alles ist total verstaubt, aber ich erkenne beide Rucksäcke wieder. Kais kann ich nicht genau sehen, aber dieser lag beim Einladen schon sehr weit unten.

Wir steigen alle wieder ein und der Busfahrer meint weiterhin, dass einer von uns weg ist, keine Ahnung warum. Das Mädel steigt auch ein, überzeugt davon, die Polizei würde den Rucksack einsammeln. Persönlich halte ich das für unrealistisch, da es sich um eine lange Strecke handelt und die Polizei, auch wenn sie hier wenig zu tun hat, sicher keine Rucksäcke einsammeln geht. Da so gut wie kein Verkehr herrscht kann er überall rausgefallen sein. Ich an ihrer Stelle hätte entweder den Busfahrer gebeten nochmal die letzten 10 – 20 km zurück zu fahren, wofür die meisten Fahrgäste sicher Verständnis gehabt hätten, oder wäre auf eigene Faust zurück getrampt. Hier am Ende der Welt ohne Ausrüstung wäre gleichbedeutend mit einem Reiseabbruch, da neben den mangelnden Fachgeschäften eine Neuanschaffung nicht nur Geld, sondern vor allem Zeit in Anspruch nehmen würde. Als wir wenig später wieder stoppen, steige ich sicherheitshalber aus und tatsächlich hat der Fahrer nach dem Ausladen meinen Rucksack nun lose obendrauf liegen und will den Kofferraum gerade schließen. Ich deute an, dass mir das so nicht gefällt und verkeile ihn selbst zwischen den anderen Gepäckstücken. Entweder er steht unter Schock, oder hat aus dem ganzen gar nichts gelernt.

Neben Christoph hat ein mitteilungsbedürfiger Engländer Platz genommen, der laut seiner Erzählungen permanent am Reisen ist, auf uns aber wirkt als wäre er im Pub groß geworden. Kurz später machen wir Mittagspause und nachdem wir 10 min. vor dem Frauen-WC anstehen, während die Herrentoilette frei ist, wird draußen weiter gerätselt wessen Rucksack nun weg ist, während ein Straßenhund unsere Aufmerksamkeit sucht. Das Mädel holen wir bei der Polizeistation am Ortausgang ab. Anschließend folgt draußen wieder ein landschaftlich toller Abschnitt, von dem ich wegen meinem unkooperativen Sitznachbar leider keine Fotos machen kann. Irgendwann entdecken wir drei Windräder und dann liegt im Tal vor uns Coyhaique. Bei der Ankunft am Busterminal bemerkt mein Sitznachbar, dass es sein Rucksack ist, den wir verloren haben. Unglaublich, dass er die ganze Aufruhr nicht mitbekommen hat und sich nicht gerührt hat, als der Busfahrer nachgefragt hat. Es wird wild diskutiert als wir das Terminal verlassen. Leider werden wir nie erfahren, ob die Rucksäcke wieder aufgefunden wurden, sind insgeheim aber erleichtert, dass es nicht unsere waren.

Per Mail habe ich ein Hostel reserviert, das von einem deutschen Auswandererpärchen betrieben wird. Sandra, die nette Gastgeberin begrüßt uns mit ihrem Sohn Mateo. Wir bekommen ein Doppelzimmer mit Zustellbett, denn momentan ist alles ausgebucht. Das Hostel ist typisch für europäische Betreiber eingerichtet, man achtet halt auf alles was der Reisende unterwegs vermissen könnte. Hier erwarten uns aber zwei Dinge, die ich auf meinen gesamten Südamerika-Reisen nicht gesehen habe: Selbstgebackenes Schwarzbrot, ein geschmackliches Highlight im Gegensatz zu den hier angebotenen weichen und leicht süßlichen “Pan“, und statt einem (meist versifften) Vorhang eine Duschkabine! Entsprechend  viele, insbesondere deutschsprachige Weltenbummler halten sich hier auf. Entspannen kann man im Aufenthaltsraum in einer aufgeschnittenen Badewanne, die als Sofa dient. Eine witzige Idee.

Unser erstes Ziel in der verhältnismäßig großen und belebten Stadt ist der Geldautomat, wo wir unsere Reisekasse auffüllen. Auf der fünfeckigen Plaza den Armas treffen wir den “Mapuche“, der dort einen Souvenirstand betreibt. Vom Revolutionsführer zum Armbandverkäufer, auch eine Geschichte wert. Anschließend geht es zum Mittagessen, wo wir uns eine Grillplatte gönnen, die samt Grill an den Tisch gebracht wird. Danach machen wir uns an die Planung der weiteren Route. Dies gestaltet sich etwas schwierig, da die Verkehrsanbindungen im Süden schwierig und die Infos rar sind. Hostelbetreiberin Sandra steht uns mit Rat und Tat zur Seite und ist eine Willkomme Hilfe.

Wir gehen nochmal zum Terminal um einen Bus nach Rio Tranquillo, unserem nächsten Ziel zu buchen. Da der nächste erst am Sonntag geht, haben wir zwei Tage Zeit, die wir mit einer Besteigung des Monte Divisadero, dem Hausberg, sowie einem Pferdetrack verplanen, den Sandra für uns organisiert. Anschließend buchen wir noch unseren Flug von Punta Arenas, unserem südlichsten Ziel nach Santiago am 09. März, also noch 17 Tage Zeit, aber der Weg in den Süden ist lang und vor allem schwierig…. Abends sitzen wir zusammen im Aufenthaltsraum des Hostels und tauschen Infos mit anderen Travellern, von denen die meisten glücklicherweise in den Norden reisen und uns so viele Fragen zu Transport und Unterkunft im Süden beantworten können und wir umgekehrt genauso

Den Abend runden wir mit einem Snack an einem Completo Stand und einem Sixer Bier ab, was Christoph endlich zufrieden stellt 😉

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