Isla Chiloe

20 02 2014

Sa.  15.02.2014

Die Panamericana, die hier nach Durchquerung des kompletten Nord- und südamerikanischen Kontinents im Süden Chiloes bei Quellon endet, schlängelt sich über die saftig grüne Insel. Dies ist bedingt durch den häufigen Regen, der auf Chiloe quasi zum Alltag gehört. Heute scheint allerdings weiter die Sonne und das Wetter zeigt sich von seiner beste Seite. Nach mehreren kleinen Stopps erreichen wir die Inselhauptstadt Castro. Vom vergleichsweise kleinen Terminal brechen wir auf Richtung Plaza. Dort sticht uns gleich das erste Highlight ins Auge: Chiloe ist bekannt für seine Holzkirchen von denen 12 sogar zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen. Diese hier in Castro zählt zu den größten und hat, so meine ich zumindest, seit meinem letzten Besuch einen neuen Anstrich bekommen, so dass sie hell in der Abendsonne strahlt. Bereits am Terminal ist uns aufgefallen, dass hier ziemlich viel los ist und die Plaza scheint nahezu überfüllt. Das hängt einem Festival zusammen, welches gerade hier stattfindet. Wir steuern das Hostel Central an und sichern uns die letzten freien Zimmer. Das Holzhaus bietet zwar nur kleine Zimmer ohne Fenster, aber für den kurzen Aufenthalt o.k. und wir wollen nicht so viel Zeit mit Zimmersuchen vergeuden.

Daher starten wir direkt zu einem Rundgang durch die Stadt, gehen nochmal zur Kirche und anschließend runter zum Hafen und den Palafitos, den Stelzenhäusern, die wegen der Ebbe gerade auf dem trockenen Stehen. Am Hafen fragen wir nach einer Fährverbindung nach Chaiten, unser Einstiegspunkt auf die Carretera Austral. Der eigentliche Plan war auf Chiloe bis nach Quellon zu reisen und dort die Fähre zu nehmen. Von einem Mitarbeiter der Fährgesellschaft erfahren wir nun, dass diese nur Donnerstag fährt. Alternativ gibt es am morgigen Sonntag eine Verbindung hier von Castro aus. Nicht optimal da wir gerne noch etwas von der Insel gesehen hätten, aber 4 Wochen Reisezeit müssen wir bei den langen Distanzen gut einteilen, denn allein die Carretera erwartet uns mit über 1200 km. Da der Ticketschalter bereits geschlossen hat müssen wir morgen um neun wiederkommen.

Nachdem wir noch einen Aussichtspunkt mit weiteren Palafitos und das Stadion besucht haben, suchen wir nach einem Platz zum Abendessen. An der Adresse, wo der “Geheimtipp“ des Lonely Planets sein sollte finden wir ein neues Restaurant. Leider scheint es dort nur eine begrenzte Anzahl von Speisekarten zu geben und das Restaurant ist relativ voll, so dass wir über zehn Minuten warten müssen ehe wir uns eine Speisekarte teilen dürfen, die zum Ärgernis von Kai nur auf Spanisch ist. Unsere Übersetzungsversuche mit Wörterbuch sind auch nicht sonderlich erfolgreich, da z.B. “agregado“ als Übersetzung “ataché“. Irgendwann fällt mir ein, dass es Beilage bedeutet. Nach einer halben Stunde dürfen wir dann auch bestellen und stellen fest, dass sich die Meerestiere unter Geflügel finden. Bei Gang auf die Toilette bemerke ich, dass der Händetrockner im Gastraum hängt. Muss sehr unterhaltsam sein für diejenigen, die direkt daneben sitzen. Nach einer weiteren halben Stunde erhalten wir auch unser Essen. Da mein “Churasco“ (gegrillte Lende) etwas klein geraten ist bietet mir die Bedienung an noch ein weiteres zu bringen. Sehr nett finde ich und ich stimme zu. Ansonsten ist der Service mal wieder schlecht.

Auf dem Heimweg stoppen wir noch an einem Mini-Supermarkt um Getränke zu kaufen. Eine beiläufige Bemerkung meinerseits, dass wir uns auf keinem Saufurlaub befinden veranlasst Christoph den Sixer-Bier, den er gerade kaufen wollte, wieder zurück zu stellen. Also begehen wir unseren Nachtumtrunk mit der neuen “Cola-Life“, dem Nachfolger der koffeinfreien Cola-Light. Nach einer notwendigen Dusche geht’s ins Bett, wo mich das Tropfen des Wasserhahns im Zimmer über uns in den Schlaf wiegt.

Morgen geht’s weiter Richtung Chaiten

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Puerto Montt

20 02 2014

Sa.  15.02.2014

Im Nachtbus nach Puerto Montt erwartet uns Gesellschaft. Kai trifft die erste Flirtattacke durch Augenkontakt bereits beim Einsteigen, durch zwei Chileninnen hinter uns. Meine frontale Sitznachbarin würde wohl gerne Händchen halten. Zumindest kann ich mir nicht anders erklären, warum sie mehrmals die Hände auffällig weit hinter ihren Sitz streckt… Den Höhepunkt in Sachen Annäherungsversuch erlebt jedoch Christoph, der direkt neben einer Chilenin sitzt. Köperkontakt unter fremden scheint für sie keine Barriere darzustellen und so wandert mal “zufällig“ der Arm auf den Nachbarsitz, dann dreht sie sich ein und bietet ihm an Löffelchen zu liegen. Warum sie beim Austeigen erst ihre Bluse zuknöpft und dann ihre Hose hoch zieht, kann Christoph auch nicht erklären, aber er ist sichtbar froh nun alleine zu sitzen… Natürlich bleiben wir alle brav und erwidern diese Annäherungsversuche nicht, aber allen blonden Europäern sei gesagt, dass Chilen(innen) ein Kontaktfreudiges Völkchen sind…

Nach kurzen Stopps in Osorno und der deutschen Enklave Puerto Varas, wo wir von der Panamericana aus den Vulkan Osorno erblicken, erreichen wir bei strahlendem Sonnenschein Puerto Montt. Da die Hafenstadt lediglich als Ausgangspunkt für Touren nach Patagonien interessant ist, wollen wir hier nicht lange verweilen, sondern steuern direkt den Bereich mit den Ticketschaltern an und suchen nach einer Verbindung nach Castro auf der Isla Chiloe, unserem nächsten Ziel. Es ist 12.00 Uhr, der nächste Bus geht um 14.40 Uhr, also gehen wir Richtung Hafenviertel um etwas zu frühstücken bzw. zu Mittag zu essen. Hätten wir die WCs des Lokals als erstes besichtigt, wäre unsere Wahl wahrscheinlich auf ein anderes Restaurant gefallen…das Essen ist aber soweit o.k., nur der Service ist kritikfähig.

Nachdem wir die Rucksäcke bereits im Bus verstaut haben, beschließen Christoph und ich noch etwas Verpflegung im gegenüberliegenden Supermarkt zu besorgen. Hierbei werden Christophs Kekse entwendet und von der Einpackerin in die des vorherigen Kunden gepackt. Als er dies bemängelt rennt sie hinterher und rettet unsere Verpflegung kurz vor den Ausgang. Immerhin Kundenservice. Nachdem meine Kasse kurz vor mir schließt und ich mich nochmal anstellen muß, erreiche ich gerade noch so den Bus. Aber was wäre eine Südamerika-Reise ohne Hektik?!

Der Golf von Ancud trennt die Isla Grande de Chiloe vom Festland. Die größte Insel Chiles (180 km Länge, 50 km Breite) und zweitgrößte Südamerikas gilt noch als ursprünglich und die Bewohner, die Chiloten, versuchen zumindest in kultureller Hinsicht ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Als der Bus auf der Fähre geparkt hat, können wir aussteigen und gehen auf die Aussichtsplattformen. Im Bauch der Fähre parkt ein offener Truck, auf dessen Ladefläche drei Backpacker stehen. Trampen ist in Chile absolut üblich und nach meinen eigenen Erfahrungen auch recht ungefährlich. Vielleicht kommt diese Transportvariante weiter südlich für uns auch noch in Frage. Als wir die Hälfte des Wegs hinter uns haben, taucht auf der Backbordseite in einiger Entfernung ein Seehund auf. Leider zu weit weg um ihn richtig vor die Linse zu bekommen. Doch nur einige Minuten später kreuzt ein weiterer unseren Weg und taucht direkt vor unserem Standort auf der Steuerbordseite auf. Auch wenn ich schon einige Seehunde gesehen habe ist es immer wieder beeindruckend diese Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum quasi zufällig zu sehen.

Nach einer knappen halben Stunde nähern wir uns dem Anleger und erreichen unsere nächste Station, Isla Chiloe

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Santiago de Chile

19 02 2014

Fr.  14.02.2014

“Deeesaaayuuuuunoooo!“ ist das erste was wir an diesem Morgen hören. Da wir erst mal richtig wach werden müssen kommt 3 Minuten später die Wiederholung: “Deeesaaayuuuuunoooo!“ Mit schlechtem Gewissen unsere Gastgeber warten zu lassen gehe ich nach unten und treffe in der Küche Don Hugo und Sra. Bella, die gerade das Frühstück zubereiten. Sie erkundigen sich wie wir geschlafen haben und freuen sich, dass ich dies mit sehr gut beantworten kann. Immerhin haben wir auch schon 11.30 Uhr. Nachdem ich Kai und Christoph geholt habe, gesellt sich auch Jorge dazu. Don Hugo erklärt, dass er quasi die Schlüssel abgegeben hat und Jorge nun die Werkstatt für Metallarbeiten führt. Seinen Job bei der Luftwaffe, was ich bei meinem letzten Besuch noch sehr interessant fand, hat er gekündigt. Nach dem Frühstück verteilt Jorge noch Geschenke. Von Ximena und ihm erhält jeder von uns ein Campingbesteck. Eine sehr nette Geste und auch wenn wir so etwas schon im Gepäck haben, so ist es leichter und kleiner als die bisherigen und wird daher gleich ausgetauscht.

Bevor wir in die Innenstadt aufbrechen möchte Jorge uns noch seine Werkstatt zeigen. Diese könnte, anhand der Sauberkeit gemessen, auch irgendwo in Deutschland sein, alles tip-top! Er erklärt uns, dass er gerade z.B. eine Halterung für den Drehstab eines Hähnchengrills herstellt. Maßgefertigt versteht sich. Dies dauert ca. 2 Tage. Sein Mitarbeiter Nazlo, den ich auf meiner letzten Reise schon kennengelernt habe, freut sich über so viele Gäste in seiner Werkstatt und bittet uns zum gemeinsamen Foto.

Jorge bringt uns mit dem Jeep zur Metro-Haltestelle von wo wir ins Zentrum gelangen. Die Metro in Santiago, soweit ich weiß die einzige U-Bahn in Chile und eine der wenigen in Südamerika, ist relativ neu und auf europäischen Standard. Nach einer halben Stunde erreichen wir  die Innenstadt. Bereits auf den ersten Schritten stellen wir fest, dass relativ viel gebaut wird. Überall verdecken Bauzäune die sehenswerten Gebäude. Auch die Plaza de Armas, der Hauptplatz im Zentrum Santiagos, ist mit einem Holzverschlag eingefasst so dass wenig zu sehen ist Wir besichtigen die Kathedrale und finden über dem Weihwasserbecken einen Wasserspender vor, aus dem durch leichtes Berühren das gesegnete Wasser hinausläuft.

Vor einem Pralinengeschäft wundern wir uns über die Schlange auf der anderen Straßenseite. Dann fällt uns wieder ein, es ist ja Valentinstag…  Nächster Stopp ist der Palacio la Moneda, der Präsidentenpalast in dessen Untergeschoss sich eine Ausstellung befindet. Anschließend stärken wir uns erst mal bei Billy Boys, die mit dem Slogan “Familärer Essen“  werben. Ob die Betreiber wissen, dass es ein gleichnamiges Produkt gibt, welches genau das verhindern soll… Nächster Stopp ist der Cerro Santa Lucia, ein Hügel mit einer Art Burg und dazugehöriger Gartenanlage, die sich quasi als Erholungsoase mitten in Santiago befindet und von dessen höchsten Punkt man einen tollen Blick auf diese riesige Stadt hat. Kai probiert “Mote con huesillos“, ein Becher mit einer Art Reis und etwas undefinierbaren. Da er sich selbst nicht überwinden kann es zu essen und mich es absolut nicht reizt, wir aber wissen wollen was es ist, biete ich Christoph einen Completo damit er für uns den Vorkoster macht. Seine Überwindung scheint nicht so groß und während er auf dem unbenannten Etwas herum kaut erläutert er uns, dass es wohl nach Pfirsich schmeckt. Nach einem kurzen Rundgang über die gegenüberliegende “Ferria Artensanal“ (Künstlermarkt) fahren wir mit der Metro (zur Rush-Hour…) zurück.

Da wir nicht genau wissen, welchen Bus wir zum Haus der Großeltern nehmen müssen, laufen wir zurück. La Cisterna ist eine Art Mischgebiet mit Wohnhäusern und kleinen Industriebetrieben. Unterwegs begegnen uns zahlreiche Straßenhunde, nicht unüblich in Südamerika, insbesondere in den Großstädten. Einer hat sich zum Schlafen in eine Mülltüte gelegt…vielleicht ist er auch nach dem Fressen eingeschlafen. Hoffentlich kommt jetzt nicht gleich die Müllabfuhr… An einem Kiosk wollen wir noch kurz etwas zu trinken kaufen. Der typische Laden bietet über Getränke, Snacks und Zigaretten, auch Obst und Gemüse und eine Ecke mit Spielautomaten. Quasi alles in einem. Christoph fragt nach “Aqua sin Gas“ Wasser ohne Kohlensäure und löst ein mittelschweres Chaos aus… Beide Mitarbeiter suchen wie verrückt nach einer Flasche, doch nirgends scheint eine auffindbar. Mittlerweile bildet sich eine kleine Schlange von wartenden Kunden, während die beiden immer noch damit beschäftigt sind die Wünsche des (seit langem wohl einzigen) Touristen zufrieden zu stellen. Ihr Ehrgeiz scheint ihnen zu sagen, dass nicht nur der Ruf ihres Ladens, sondern scheinbar der ganz Santiagos auf dem Spiel steht^^ Irgendwann findet sich im Lager dann doch noch eine Flasche, die ist allerdings warm. Dieses Übel müssen alle Seiten nun irgendwie in Kauf nehmen 😉

“Zu Hause“ erwartet man uns schon. Vor unserer Abreise sollen wir natürlich noch ordentlich essen und das Fleisch in Knoblauchsoße schmeckt wirklich super. Nebenbei unterhalten wir uns über die gemeinsamen Bekannten in Deutschland. Don Hugo bemängelt das Ricardo (sein Großneffe) kein Spanisch spricht, obwohl beide Eltern es können. Er fordert seine Frau vehement auf, dass wir eine Melone essen. Ihre Antwort übersetze ich so, dass immer wenn sie keine Melone da haben, er Melone haben möchte und wenn sie welche haben dann nicht… Dann meint er plötzlich: “El Marius fue un Nino feu“ – (Unser Freund) Marius war ein hässlicher Junge! Dem füge ich nichts hinzu 😉

Nach einem Gruppeninternen Verständigungsproblem, ausgelöst durch ein Blatt Zewa auf dem Bett, laden wir die Rucksäcke auf die Ladefläche von Hugo Eusebios Pick-Up. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen herrscht allgemeine Hektik, man hat wohl Angst, dass wir den Bus verpassen, obwohl noch 1,5 Std. Zeit ist. Unterwegs gibt er uns noch seine Nummer für den Notfall. Als wir an einer Ampel halten entdeckt Kai ein Hotel mit Namen “Sahara Inn“, was uns von seinem Schwiegervater in Spe als Unterkunft empfohlen wurde. Wir sind uns einig, dass diese äußerlich wenig einladende Unterkunft keine gute Wahl gewesen wäre, was Hugo Eusebio lachend bestätigt. Am Busterminal lässt er uns raus und wünscht uns eine gute Reise. Im Terminal geht es ziemlich hektisch zu, was laut Hugo Eusebio daran liegt, dass für viele an diesem Wochenende der Urlaub endet. Wir haben noch etwas Zeit und besorgen Getränke, bevor wir um 22.30 Uhr in den Bus steigen. Über 1000 km liegen vor uns auf unserem ersten Abschnitt in den Süden, nächster Stopp: Puerto Montt.

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Bienvenido a Chile!

17 02 2014

Mi. 12.02. & Do. 13.02.2014

Unsere Chile Reise sollte eigentlich mittwochs beginnen. Der erste erwähnenswerte Vorfall ereignet sich jedoch bereits einen Tag vor der Reise. Am späten Nachmittag ruft mich Christoph an: Er hat gerade eine E-Mail von Delta-Airlines bekommen. Unser Flug von Atlanta nach Santiago wurde gecancelt, da der Flughafen von Atlanta heute Abend wegen Schneesturm geschlossen wird. Demnach könnten wir zwar bis in die USA reisen, würden dann jedoch festsitzen. Da Christoph gleich seine Prüfung schreibt und ich auf dem Sprung zu einem Termin bin, übernimmt Kai die Kontaktaufnahme mit der Notfall-Hotline. Abends erfahren wir dann, dass unser Flug umgebucht wurde und wir nun statt um 10.15 Uhr erst um 17.40 Uhr mit Air France über Paris fliegen. Für mich quasi ein Déjà-Vu, habe ich ja bereits im Oktober meinen Delta-Flug über Paris umgebucht. Einerseits gut, dass es funktioniert, andererseits drängt sich die Frage auf, ob ich nochmal bei dieser Airline  buchen sollte, da sie für 100 % meiner Reiseausfälle, bzw. Verschiebungen verantwortlich sind… In jedem Fall sparen wir nun Zeit, denn statt der geplanten 30 Stunden mit Stopps in Detroit und Atlanta, fliegen wir nun nur noch ca. 22 Stunden mit einem Zwischenstopp in Paris. Diesen Reisemarathon hatten wir auf anraten unseres Chile-Reise-Spezialisten Pit bereits im August gebucht, da er sich sicher war, dass wir für so einen Preis keinen Flug bekommen. Als Christoph eine Woche vorn Abflug dir Preise nochmals verglichen hat, fand er einen 18 Stunden-Flug für den gleichen Preis…nennen wir es mal Fluglotterie.

Die Flugverschiebung stellt sich für meine persönliche Zeitplanung als echter Glücksfall heraus und so erreiche ich halbwegs pünktlich um 15.30 Uhr den Frankfurter Flughafen. Meine Reisepartner Christoph und Kai sind nicht am Check-Inn und so vertreibe ich mir mit Lotte die Zeit mit Rolltreppe fahren. Irgendwann kommt uns von oben Christoph entgegen und sagt, dass sie bereits bei McDonalds sitzen. Als Kai und die Abschiedsgesellschaft eingetroffen sind, verstauen wir noch die letzten Nutella-Gläser (Gastgeschenke) in meinem Rucksack und ich gebe mein Gepäck auf. Als wir zum Sicherheitscheck kommen heißt es Abschied nehmen und man hat den Eindruck, dass dies denen, die daheim bleiben schwerer fällt als uns Reisenden… Ein Foto und zum letzten Mal meine kleine Lotte auf den Arm nehmen, dann geht’s los Richtung Südamerika, nach Chile!

Nach dem Sicherheitsscan werde ich von einem Security-Mitarbeiter aufgefordert mich in einen Seitenraum zu begeben. Mit einem Papierstreifen streicht er über das Display meiner Kamera. Das war’s schon. Wir winken noch ein letztes Mal unserem Abschiedskomitee, die immer noch draußen stehen und gehen dann Richtung Gate. Der Flug nach Paris verläuft eher unspektakulär. Einziges Highlight ist die Becherhalter an den Sitzen, die Kai und Christoph zum ersten Mal entdecken und welche überschwängliche Begeisterung auslösen.

In Paris hatten meine beiden Reisepartner geplant während unseres 5-Stündigen Aufenthalts das DFB-Pokal-Spiel der Bayern bei einem Bier zu verfolgen. Doch leider findet sich am Flughafen Charles de Gaulle weder eine Sportsbar noch ein Bier zu halbwegs normalen Preisen. So begnügen wir uns mit Softdrinks und Sandwiches im Wartebereich bis um kurz nach 23.00 Uhr das Boarding beginnt. Die Taktik erst am Ende einzusteigen wirft irgendwann die Frage auf, ob wir dann während des Flugs unser Handgepäck zwischen den Beinen haben, wie gerade auf dem ersten Flug erlebt. Mittlerweile stehen alle Passagiere in einer endlos scheinenden Schlange, anstellen bringt also keine Verbesserung der Situation. In diesem Moment offenbart Christoph eine ganz neue Seite an sich, wir nennen es den “Assi Beinert“. Ganz unbeteiligt stellt er sich neben die Wartenden und beobachtet potentielle Schwachstellen in der Menschenschlange. Und findet tatsächlich eine. Eine Gruppe Jugendlicher lässt immer wieder Lücken aufreißen und als sich eine solche direkt vor unserem Standort auftut schiebt sich “Assi Beinert“ gekonnt dazwischen und wir sind ein paar Schritte später an Bord. Der Nachtflug nach Santiago verläuft ebenso unspektakulär mit wenigen Turbulenzen. Das Unterhaltungsprogramm ist gut und die Verpflegung für einen Flug sogar reichlich. Leider sitzen wir direkt am Flügel, so dass uns der spektakuläre Flug über die Andenkordillere und der Anflug auf Santiago fast gänzlich verwehrt bleiben.

Nach der Landung demonstrieren wir südamerikanische Ruhe, was uns kurz später eine 40-Minütige Wartezeit bei der Einreisekontrolle beschert. Unsere Rucksäcke, einheitlich in schwarzen Cargo-Bags verpackt, warten schon neben dem Gepäckband auf uns. Jetzt nochmal durch den Zollscanner und dann haben wir es geschafft: Bienvenido a Chile!

Für mich beginnt der dritte Aufenthalt im längsten (4300 km) und schmalsten (175 km) Land der Welt und südwestlichen Rand Südamerikas, nach der Chile-Reise 2009 mit dem WSV Bürgel und einem 6-wöchigen Aufenthalt im Rahmen meiner Südamerika-Reise 2010/2011. Christoph war 2009 ebenfalls dabei, Kai betritt zum ersten Mal den Kontinent.

Draußen erwartet uns 5-köpfiges Empfangskomitee der Familie Fuentes, die uns eingeladen hat bei Ihnen in Santiago zu übernachten. Wer unsere Verbindungen nach Santiago nicht kennt, hier eine kurze Erklärung: Don Hugo und Sra. Bella sind die Eltern von Pilar, die mit Pit verheiratet ist, der unser Trainer beim WSV Bürgel war bzw. ist. Beide sind Freunde meiner Eltern und die Eltern meines Freundes Valentin, sowie von Victoria und Amanda, die mit Kai verlobt ist. So trifft Kai nun zum ersten Mal auf seine zukünftige Schwieger-Familie. Don Hugo und Sra. Bella, ihre Töchter Maria-Elena und Ximena, sowie ihr Mann Jorge sind gekommen um uns herzlichst zu begrüßen. Für mich ist es der dritte Empfang in Santiago und er fällt nicht minder herzlich aus als die beiden zuvor. Der “Star“ und Mittelpunkt für unsere Gastgeber ist Kai, der mit der im September anstehenden Hochzeit mit Amanda hier augenscheinlich für großen Wirbel und Vorfreude gesorgt hat. Draußen herrscht um 11.00 Uhr Ortszeit strahlender Sonnenschein bei angenehmen 20°. Tagsüber steigt das Thermometer derzeit auf 30 – 35°. Nach einem kurzen Smalltalk fahren wir mit Maria Elena nach La Cisterna, den Stadtteil Santiagos in welchen die Fuentes leben. Don Hugo zeigt uns das Gästezimmer, wobei er Kai sofort das Doppelbett zuweist, wie es sich für ein neues Familienmitglied gehört. Wir ziehen uns um, kurze Hose, Flip-Flops an, jetzt beginnt der Urlaub!

Anschließend gibt es erstmal Desayuno, Frühstück. Für uns deutsche um halb eins sicher etwas spät, hier aber gar nicht so unüblich und für mein Zeitgefühl optimal. Kai verteilt Einladungen für die Hochzeit und mir kommt bei den folgenden Gesprächen eine neue Rolle zu, die des Dolmetschers. Kai spricht gar kein Spanisch, Christoph hat etwas Basiswissen. Konnte ich mich bei meinem letzten Besuch noch auf Amanda und Valentin verlassen um Sprachbarrieren zu überbrücken, bin ich nun das Linguale Bindeglied zwischen unserer Reisegruppe und der Familie. Gar nicht so einfach… Mit meinem überschaubaren Wortschatz und etwas außer Übung dauert es etwas bis das Gespräch ins Laufen kommt. Dank Alicia, meiner peruanischen Köchin im MainBars, konnte ich im letzten Jahr zum Glück mein Spanisch wieder ein wenig auffrischen und so nun zumindest das wesentliche übersetzen. Es ist wie gewohnt eine lustige Runde, man erkundigt sich nach unseren Familien und Freunden in Deutschland, sowie unseren Reiseplänen. Das wir wahrscheinlich bereits am Folgetag weitereisen wollen scheint schon fast ein wenig Enttäuschung auszulösen. Aber der Weg in den Süden ist weit und die Liste unserer potenziellen Reiseziele lang. Zudem reist Valentin im März nach Chile und wir wollen uns auf dem Rückweg in Santiago treffen. Nach dem Frühstück gibt es Geschenke, auf Spanisch “Regalos“. Bereits bei den letzten Reisen hatte ich gelernt, dass Gastgeschenke hier üblich sind. Die Chilenen an sich scheinen gerade zu verrückt nach Geschenken zu sein und schenken selbst noch umso lieber. Es muss nichts großes sein, sondern eher eine kleine Aufmerksamkeit wie ein Glas Nutella oder ein Päckchen Gummibärchen, hier zwar erhältlich aber vom Preis her ein Luxusprodukt. Als Ausrüstung für den nächsten Deutschland-Besuch gibt es noch Mützen, für Sra. Bella ein Schmuckdöschen aus der Lederstadt Offenbach und als Highlight ein Ratschekasten, hier Ritsch-Ratsch genannt für Don Hugo (Danke Pit für den Tipp!)

Abends steht noch ein Familientreffen bei Maria-Elena in Pirque, einem Weinanbaugebiet etwas außerhalb von Santiago an. Vorher machen wir noch einen Stopp in Provedencia, einem Stadtteil Santiagos, wo sie noch etwas erledigen müssen. Auf dem Weg dahin klingelt das Telefon, es ist Maria-Elenas Tochter Francesca. Ihr wurde im Zentrum Santiagos der Rucksack gestohlen, mit Handy, i-pod, Kamera usw. drin. Mitten im McDonalds als sie den Rucksack auf den Knien hatte, kommt jemand von der Seite und reißt ihn ihr weg. Wir sind vorgewarnt, bei aller Sympathie für diesen Kontinent bleibt Kriminalität, insbesondere in den Großstädten, nach wie vor ein Problem.

Im Parkhaus wird ein Reinigungsservice für Autos angeboten. Eine mir neue und eigentlich gar nicht so schlechte Idee. Kurz ins Parkhaus, was erledigen und wenn man wieder kommt ist für kleines Geld das Auto aufpoliert. Wir schlendern durch die Straßen, die sich was das Angebot an Geschäften angeht durchaus mit europäischen vergleichen können. Unser Ziel ist die Touristeninfo bzw. ein Büro einer Transportgesellschaft, wo wir einen Bus in den Süden buchen wollen. Bereits seit einem Block scheint uns eine Frau mittleren Alters zu verfolgen, als ich nun die Karte raus hole spricht sie uns an, wo wir hinwollen. Nachdem sie uns kurz den Weg gezeigt hat verschwindet sie direkt in einem Telefonladen. Zufall oder die Anziehungskraft blonder Europäer… In der Touristen-Info empfängt  man uns freundlich uns zeichnet uns den Weg zum nächsten Büro eines Busunternehmens ein. Wir suchen einen Nachtbus nach Puerto Montt, dem Drehkreuz für Reisen nach Patagonien. Im Schaufenster von TourBus soll die Reise 32.000 Peso kosten, ca. 42 € für 1.000 km. Gegenüber bietet ein kleines Unternehmen den Trip für 29.000 Peso an. Sicherheitshalber möchte ich bei TourBus aber nochmal nachfragen und siehe da, nur 27.500 Peso, gekauft! Warum draußen der höhere Preis angeboten wird bleibt mir ein Rätsel. Morgen Abend um 22.30 Uhr ist Abfahrt.

Wir gehen zurück Richtung Parkhaus, dessen verlassen sich als schwieriger als gedacht erweist. Erst finden wir die (nicht ausgeschilderte) Ausfahrt nicht, dann haben wir vergessen das Ticket zu bezahlen. Als wir im Auto neben der Schranke warten, fährt eine Frau an uns vorbei, deren böse Blicke, welche mich als Beifahrer scheinbar besonders treffen sollen, zu sagen scheinen “meint ihr Gringos für euch ist alles umsonst?!“

Auf der Fahrt nach Pirque frage ich nach wann es das letzte Mal geregnet hat. In Erwartung einer Antwort wie vor zwei Wochen, sagt Maria-Elena wie aus der Pistole geschossen: Im August! Das erklärt warum die Andenkette, welche den “Hintergrund der Stadt bildet, kaum noch zu sehen ist. 7 Monate ohne Regen lässt den Smog vor den Bergen hängen bleiben. Umso verwunderlicher, dass es an vielen Stellen noch relativ grün ist. Als wir an verschiedenen Krankenhäusern vorbeikommen, unterhalten wir uns über das Krankensystem und Maria-Elena erklärt, dass die öffentliche Gesundheitsversorgung sehr schlecht sei. Das Beitragssystem funktioniert wohl ähnlich wie unseres mit Arbeitgeber und Arbeitsnehmerbeiträgen, allerdings sei die Leistung die man bei den Ärzten ohne Zusatzversicherung bekommt nur notdürftig. Das klingt jetzt sicher makaber, aber Ich frage mich an dieser Stelle, ob dies der Grund ist, warum ich zwischen den Krankenhäusern die Werbetafeln von Bestattungsunternehmen entdecke…

Als wir auf dem Anwesen in Pirque ankommen begrüßt uns Maria-Elenas Mann Adolfo. Das Wort Anwesen ist hier nicht übertrieben. Wer die Fotos meiner letzten Reise nicht kennt, der kann sich ein ca. 3000 m² Grundstück im Stil einer Hacienda vorstellen, mit überdachten Eingangstor, einem Hauptgebäude und Seitenflügel und überdachten Autostellplätzen und hinter dem Haus eine große Terrasse an die ein riesiger Garten mit Pool, Volleyball- und Fußballfeld anschließt.

Zur Begrüßung gibt es erstmal einen Wein aus dem benachbarten Anbaugebiet. Nach und nach stoßen die restlichen Familienmitglieder hinzu, Ximena und Jorge mit ihrer jüngsten Tochter Sofie; die beiden älteren Geschwister Jorge Antonio und Fernanda, sowie Maria-Elenas älteste Tochter Ivana weilen derzeit gerade zu Besuch in Deutschland; sowie Hugos Söhne Juan und Hugo Eusebio mit Frau bzw. Familie. Ein Runde von 13 Personen, alle da um den zukünftigen Schwiegerenkel, -neffen, – Cousin zu begrüßen. Nach kurzem Meinungsaustausch wird der erste Eindruck unter “El pequeno Pit“ (der kleine Pit) zusammengefasst. Dies löst bei Christoph und mir natürlich mehr als ein Schmunzeln aus und es fällt schwer Kommentare über die Körpergröße zu unterdrücken 😉 Kai darf dies aber denke ich doch als Kompliment sehen und beim anschließenden Abendessen (ca. 23.30 Uhr) direkt neben den Großeltern Platz nehmen. Es gibt Asado, Fleisch vom Grill. Allerdings nicht wie bei uns max. 1 cm dicke Scheiben, sondern das ganze geht eher in Richtung “Give me 2 Fingers“. Das Essen ist superlecker und bei den Tischgesprächen ist die anstehende Hochzeit natürlich das Thema. Es folgen Trinksprüche von Don Hugo, Sra. Bella und Maria-Elena, bei denen Kai und Amanda viel Glück und uns eine gute Reise gewünscht wird. Abschließend erhebt Hugo Eusebio sein Glas auf die Liebe, denn es beginnt gerade der Valentinstag. An dieser Stelle nochmal nachträglich alles Gute an unsere Lieben J

Kai scheint überwältigt von der Herzlichkeit mit der er hier empfangen und in die Familie aufgenommen wird. Auch wir als Gäste fühlen uns herzlichst willkommen und es bestätigt das Gefühl von meinem letzten Aufenthalt. Es sind Erfahrungen, die schwer zu beschreiben sind, weil (ich lehne mich mal soweit aus dem Fenster) für uns deutsche so viel Gastfreundschaft unmöglich ist. Man muß es einfach erlebt haben und nun können wir diese Erfahrung teilen. Abschließend fordere ich die Familie, natürlich scherzhaft, auf Amanda zu schreiben, ob sie mit ihrem zukünftigen Ehemann einverstanden sind 😉

Zum Abschluß des Abends zeigen Maria-Elena und Adolfo Fotos von ihrer Urlaubsreise nach Patagonien im letzten Monat, die an vielen Stationen unserer geplanten Route gleicht. Dreimal haben sie sich auf der Größenteils unbefestigten Piste einen Reifen platt gefahren und ihre Zelte wurde mitten in der Wildnis aus dem Dachgepäckträger gestohlen. Aber dies kann den Gesamteindruck nicht schmälern und die beeindruckenden Landschaften wecken unsere Vorfreude und wir können kaum erwarten, dass es morgen Nacht endlich losgeht.

Aber vorher geht’s noch zum Sightseeing nach Santiago

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