So. 23.02.2014
Nach dem Frühstück um 8.00 Uhr nehmen wir das Care-Paket für Thomas und gehen Richtung Busterminal. Sandra bietet uns zwar an ein Taxi zu holen, scheinbar als Gegenleistung, aber so fit sind wir dann schon noch. Um 9.00 Uhr ist Abfahrt und wir treffen unsere 3 Chilenischen Freunde wieder am Terminal, die ebenfalls Richtung Süden reisen. Allerdings waren sie schon in Rio Tranquillo und fahren direkt nach Cochrane durch. Unser Busfahrer ist im Nebenjob wohl Entertainer, denn er kommentiert alles während er in echt südamerikanischen Tempo das Gepäck Stück für Stück einlädt. Wir sollen warten, weil wir als erstes raus müssen. Als dann der Kofferraum voll ist sollen wir die Rucksäcke in einen anderen Bus laden, der auf der gleichen Strecke unterwegs ist. Ob das mal gut geht…
Wir betreten den Bus und es sind nur noch zwei Plätze frei. Der Busfahrer schaut sich um und holt sich ein junges Mädel nach vorne auf den Beifahrersitz, den ich aufgrund der Aussicht auch genommen hätte. Nun bekomme ich ihren Platz, während Christoph eingekeilt auf der Rückbank zwischen einem fummelnden Pärchen und einem dicken Kind mit zwei Handys Platz nimmt.
Landschaftlich ist dieser Teil der Carretera wieder mal überragend! Azurblaue Flüsse, ein Tal mit Bergen im Grand Canyon Stil, Christoph entdeckt einen Hauch von Neuseeland, dann folgt ein endlos langes Tal mit Sumpfgebiet und als Highlight der Cerro Castillo. Dort machen wir einen Stopp, in Villa Cerro Castillo und nutzen die Pause für einen Schnappsschuss auf den Berg, den man das “Spukschloss Patagoniens“ nennt. Nach der Pause führt die Straße oben am Hang entlang. Der Busfahrer, der das junges Mädel in einer Tour vollquasselt, hält plötzlich auf offener Strecke an und funkt irgendwas durch die Gegend. Wir befürchten der andere Bus hat vielleicht eine Panne oder unsere Rucksäcke verloren…genaueres erfahren wir aber nicht und dann geht es weiter. Nach ca. 5 Std. erreichen wir den Lago General Carrera, der mit seinen kleinen Inseln türkisblau schimmert mit den Anden im Hintergrund. Der Lago General Carrera liegt sowohl auf chilenischen, als auch auf argentinischem Staatsgebiet, wo er Lago Argentino heißt.
Am See entlang fahren wir Richtung Puerto Rio Tranquillo. An der “Haltestelle“ am Seeufer steigen 5 Fahrgäste aus, und ca. 20 – 30 wollen rein. Schlechte Chancen, wenn das morgen genauso wird. Dazu erblicken wir überall Tramper am Straßenrand. Es sind immer noch Semesterferien in Chile und die Studenten sind alle auf Low-Budget unterwegs, zelten und versuchen zu trampen. Insgesamt sehr interessant zu sehen, das die chilenische Jugend mit dem Rucksack durchs Land zieht, Wandern geht und die Campingplätze bevölkert. Man stelle sich vor deutsche Jugendliche und junge Erwachsene würden statt Partyurlaub auf Malle oder ähnlichen Zielen plötzlich die eigene Heimat wieder als Reiseziel entdecken und das Zelt dem All-Inclusive-Hotel vorziehen…unvorstellbar.
Der Bus mit dem Gepäck ist noch nicht da. Ich frage den Busfahrer wo man Tickets für die Weiterfahrt erwerben kann, er antwortet nur, dass hier kein Kauf möglich ist. Das wird wieder spannend. Im Terminal in Coyhaique hatte man uns noch gesagt, dass wir das Ticket hier kaufen sollen. Als der zweite Bus da ist, gehen wir zum Hostel, welches Sandra uns aufgeschrieben hat und wo wir auch die Tasche für Thomas abgeben sollen. Nach dem Einchecken begeben wir uns runter zum Strand, wo sich ein tolles Panorama eröffnet. Dann buchen wir eine Bootsfahrt zu den Marmorhöhlen, dem Grund unseres Aufenthalts hier in diesem kleinen Nest direkt an der Carretera. Es soll eine halbe Stunde dauern bis es losgeht, aber es ist wohl eher eine Stunde, die wir warten bevor wir zum Anleger laufen.
Mit einem 50-PS Motorboot fahren wir auf dem spiegelglatten Lago General Carrera zu den Marmorhöhlen oder auch Marmorkathedralen genannt, die sich im oder am Rand des Sees befinden. Diese Gesteinsformationen sind insbesondere am Wasserspiegel besonders sehenswert, wo sich das weiß-bräunliche Marmor im türkisblauen Wasser fortsetzt. Wir fahren mit dem Boot rein in die kleinen Höhlen und haben so die Möglichkeit das ganze aus der Nähe zu betrachten und anzufassen. Mit in unserem Boot sitzt eine Dame mittleren Alter, die wir die “Poserin“ nennen. In der knappen halben Stunde, die wir vor Ort sind muß ihre Freundin geschätzte 1000 Handyfotos machen, auf denen sie im Vordergrund vor dem Marmorgestein posiert. Der Bootsführer zeigt uns noch eine Stelle, von der aus die Spitze einer Landzunge aussieht wie das Gesicht eines Hundes, eine witzige Perspektive.
Zurück am Anleger laufen wir in die Stadt, bzw. eher das Dorf. Als wir am Hostel eintreffen, sehen wir Thomas gegenüber Schweißarbeiten am neuen Eingangstor zum zukünftigen Hostelgrundstück verrichten. Wir fragen ihn wie er die Transportfrage einschätzt und er meint ebenfalls schwierig. Entweder Trampen (wenn wir viel Zeit haben) oder einen privaten Fahrer organisieren. Wir unterhalten uns noch einen Moment über die Zukunftspläne der Auswanderer, dann gehen wir ins Hostel und fragen ob sie jemanden kennen, der uns nach Cochrane, dem nächsten Zwischenstopp fährt. Der Hostelier verweist uns an einen Wohnwagen am Seeufer, die ebenfalls Touren anbieten. Die Dame dort telefoniert kurz, dann bietet sich uns einen Minibus für 8 Personen für 80.000 Peso (ca. 105 €) an. Wir überlegen erst, aber in Anbetracht unseres engen Zeitplans und den schlechten Möglichkeiten hier sagen wir zu und versuchen noch Mitfahrer aufzutreiben.
Erst gehen wir aber Essen und erleben eine chilenische Kassenbuch-Kontrolle mit. Plötzlich kommt unser Revolutionsführer, der “Mapuche“ herein. Chile ist doch sehr klein. Dann beginnen wir Leute für den Transport zu suchen. Erstes Ziel ist ein Pärchen am Flussufer. Christoph spricht sie an: „Hablas ingles?“ – Er antwortet schroff „Aleman“ . Unsere Landsleute machen mal wieder Werbung in Sachen Freundlich- und Kontaktfreudigkeit. Zum Glück wollen die beiden nach Norden. Wir sprechen verschiedene Traveller an, verfolgen zeitweise das fummelnde Pärchen aus dem Bus, von dem Christoph überzeugt ist, dass sie mitfahren würden, alles aber ohne Erfolg. Dann treffen wir am Seeufer Thomas wieder, der sich zu uns gesellt und berät wen wir ansprechen können. „Die haben einen Mietwagen, die hab ich heute Morgen gesehen“ oder „Das sind Argentinier, die könnt ihr fragen“ sind seine Kommentare. Später verwirren wir noch einen Skandinavier, der nun nicht mehr weiß ob er eigentlich nach Norden oder Süden reist und bitten den “Mapuche“ für uns auf dem Campingplatz rumzufragen. Im Nachhinein befürchte ich er könnte eine neue Revolution gegen die kapitalistischen Betreiber von Privattransporten anstacheln^^ Nachdem wir erfolglos so ziemlich alle Reisenden gefragt haben, die sich aktuell hier aufhalten gehen wir zurück ins Hostel, wo uns die “Poserin“ vom Boot erwartet und fragt ob wir uns an sie erinnern… Als letzte Variante klopfe ich noch bei unseren Zimmernachbarn, aber auch dieses Pärchen (das gerade beschäftigt scheint) haben keinen Bedarf an Mitfahrgelegenheiten.
Wohl oder übel müssen wir uns nun alleine unsere Fahrt nach Cochrane finanzieren.
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